Zwölfjährige soll zurück nach Vietnam

■ Bündnisgrüne: Senat verstößt gegen UN-Kinderkonvention

Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) will kommenden Dienstag wieder eine zwölfjährige Vietnamesin abschieben. Das Mädchen H., dessen Eltern als vermißt gelten, lebt seit 1992 in Frohnau bei einem Onkel, der auch der Vormund ist.

Die bündnisgrüne Flüchtlingspolitikerin Rita Kantemir sprach von einer „erneuten Verletzung des Kindeswohls durch den Senat“. Das Mädchen sei hier integriert, in Vietnam hingegen auf sich selbst gestellt. In diesem Fall verbietet die UN-Kinderkonvention eine Abschiebung. Dennoch wurde bereits im Januar ein zwölfjähriges Kind zwangsweise nach Vietnam geflogen. Die Vollwaisin muß heute in der Hafenstadt Hai Phong ihren Lebensunterhalt allein verdienen.

Bevor sie zu ihrem Onkel nach Berlin kam, wohnte H. in Hanoi bei einer Familie, wo sie regelmäßig geschlagen wurde. Vor etwa zwei Jahren füllte der Onkel ein Behördenformular mit Daten zu seiner Nichte aus, ohne zu wissen, daß er damit die Abschiebemaschinerie in Gang setzte. Das Formular und die vier Paßbilder dienten den vietnamesischen Behörden zur Identifizierung des Mädchens als vietnamesische Staatsbürgerin. Der Onkel kann sich nicht erinnern, daß ihn die Ausländerbehörde auf die Freiwilligkeit dieser Angaben hingewiesen hätte. Dazu wäre sie aber aus Datenschutzgründen verpflichtet gewesen.

Das Land Berlin müsse, so Rita Kantemir, nicht einmal für den Lebensunterhalt von H. aufkommen, weil Onkel und Tante gut verdienten. Kantemir hat gestern eine Petition um ein Bleiberecht für das nach ärztlichem Gutachten akut suizidgefährdete Kind eingereicht: Als H. von der geplanten Abschiebung erfuhr, wollte sie aus dem Fenster springen.

Für Innensenatssprecherin Jobatey ist die „Rückführung ein ganz normaler Vorgang, weil das Mädchen in Deutschland keinen Aufenthaltstitel hat“. Der SPD- Abgeordnete Eckhardt Barthel erklärte: „Unsere Koalitionsvereinbarung schließt Abschiebungen von unter 16jährigen aus, wenn sie im Herkunftsland nach ihrer Ankunft nicht betreut werden. Falls die Ausländerbehörde keine Betreuung garantieren kann, fordere ich die Koalitionsvereinbarung ein.“ Marina Mai