Das Portrait
: Als Befreier vor Bergen-Belsen

■ Chaim Herzog

„Die Zeit für eine solche Deutschlandfahrt ist noch nicht gekommen.“ Mit diesen Worten kommentierte Chaim Herzogs Amtsvorgänger Ephraim Katzir den in Israel umstrittenen ersten Besuch eines Staatspräsidenten in der Bundesrepublik im Jahr 1987. Herzog sah das anders: „Meine Deutschlandreise wird der offenkundige Beweis des Scheiterns der Nazis sein, die unser Volk von der Erde tilgen wollten.“ Sein Besuch führte ihn damals auch in das ehemalige Konzentrationslager Bergen- Belsen, wo er 1945 als Soldat der britischen Armee schon einmal gewesen war.

Herzog gehört zur Gründergeneration des israelischen Staates. Er wurde 1918 im nordirischen Belfast als Sohn eines Rabbiners geboren. 1935 wanderte die Familie nach Palästina aus. Nach seinem Jurastudium war Herzog zunächst in der jüdischen Selbstverteidigungsarmee Haganah aktiv und trat dann der britischen Armee bei. Nach Kriegsende kehrte er nach Palästina zurück und und schloß sich wieder der Haganah an. Nach der Staatsgründung schlug er eine geheimdienstliche und militärische Karriere ein. Im Jahr 1981 zum General befördert, war er 1967 der erste Militärgouverneur des besetzten Westjordanlandes.

Im Jahre 1975 wechselte er als Israels UNO-Vertreter nach New York. In dieser Zeit verabschiedete die UNO eine heftig umstrittene und von Herzog scharf bekämpfte Resolution, in der Zionismus mit Rassismus gleichgesetzt wurden. Herzogs Position in New York wurde dadurch erheblich erschwert.

Sechs Jahre später zog er als Mitglied der Arbeitspartei in das israelische Parlament ein und wurde 1983 überraschend zum Präsidenten gewählt. 1988 wurde er in diesem Amt bestätigt. Eine dritte Amtsperiode sieht die israelische Verfassung nicht vor.

Innerhalb der Arbeitspartei galt Herzog eher als „Falke“. Er warf wiederholt den westeuropäischen Staaten vor, sie reduzierten den Nahost-Konflikt auf die Palästinenserfrage. Auf seine Weise war Herzog, der auch etwas Deutsch und Arabisch sprach, ein Aktivist, eifriger Kämpfer und guter Propagandist seiner Sache, die zugleich die des Staates Israel war. Kritiker werfen dem Vater von vier Kindern denn auch vor, er habe sich während seiner Amtszeit als Staatspräsident zu häufig in die Politik eingemischt. Beate Seel