Gemeinsame Stromherrschaft

■ Im Bundestag kritisierten SPD und Grüne die Energierechtsnovelle als unfair und unökologisch

Berlin/Bonn (taz/rtr) – SPD und Grüne haben ihren Widerstand gegen den Rexrodt-Entwurf für eine Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes angekündigt. Der Entwurf mache aus den Gebietsmonopolen der acht großen Stromkonzerne eine gemeinsame Herrschaft derselben Konzerne: „Stadtwerke und mittelständische Unternehmen werden vom Markt gefegt“, kritisierte gestern die Grüne Michaele Hustedt bei der ersten Lesung des Gesetzes im Bundestag. Der Entwurf sei „ökologisch blind“, ergänzte der SPD- Politiker Volker Jung. Rexrodt verteidigte seinen Vorschlag: Damit werde der Strompreis um ein Viertel sinken.

Mit dem neuen Recht will die Regierung die von der EU beschlossene Liberalisierung des Energiemarktes für Deutschland umsetzen. Die Gebietsmonopole der Stromkonzerne sollen danach fallen und jeder Anbieter das Recht haben, Kunden über Direktleitungen mit Strom und Gas zu versorgen. Das Gesetz bedarf der Zustimmung durch den Bundesrat.

Das Problem in Rexrodts Entwurf sei, daß die Stromnetze im Besitz der Energiekonzerne bleiben und diese auch nicht zur Durchleitung vom Strom fremder Anbieter verpflichtet sind. Durch unfaire Bedingungen für die Durchleitung könnten die Konzerne wie RWE oder Preussag so unliebsame Konkurrenz vom Markt fernhalten, weil sie die Netze besitzen. Nur in seltenen Fällen und bei Großkunden lohne es sich für die Konkurrenz, eigene Leitungen zu bauen. Die Grüne Hustedt verglich das mit der Situation, wenn die Autobahnen etwa Mercedes gehörten.

Sie forderte daher, die Netze in einen öffentlichen Pool zu überführen, der die Stromleitung für jeden Anbieter zu gleichen Bedingungen garantiert – vergleichbar den Modellen in Norwegen und Großbritannien. In den Pool sollten dann erneuerbare Energien vorrangig zu garantierten Preisen eingespeist werden. Rexrodt lehnte das ab: „Sie können von mir keine neuen, gigantischen Förderprogramme erwarten.“ Die SPD forderte einen „diskriminierungsfreien Zugang“ zu den Netzen.

Der Regierungsentwurf sieht vor, die ostdeutschen Länder und den dortigen Stromkonzern Veag, der den großen Westkonzernen gehört, bis zum Jahr 2003 von der Liberalisierung auszunehmen. Dadurch soll die ostdeutsche Braunkohle geschützt werden. Die Änderung fügte Rexrodt auf Druck des Bundesrates ein. urb