Kinkel verteidigt sein Irangate

Außenminister Klaus Kinkel wehrt sich im Bundestag gegen die Kritik an seiner Iranpolitik: „Gesprächsfaden nicht abreißen lassen“. Die Grünen halten ihn für „rücktrittsreif“  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

„Wir halten Sie für rücktrittsreif“, sagte Joschka Fischer an Klaus Kinkel gewandt. Der Fraktionssprecher der Grünen zog gestern in der Parlamentsdebatte über die deutsch-iranischen Beziehungen eine vernichtende Bilanz des „kritischen Dialogs“ mit Teheran. Diese Politik sei gescheitert. „Sie haben eine Stärkung des Mullah-Regimes erwirkt“, warf Fischer dem Bundesaußenminister vor.

Im Iran gebe es keine Demokratisierung, sondern nach wie vor schwerste Menschenrechtsverletzungen. „Ich frage Sie, Herr Kinkel: Wann kommt eigentlich der Punkt, wo die Verantwortung für ein solches politisches Versagen von Ihnen persönlich übernommen wird?“ Der Außenminister, der äußerlich keine Regung erkennen ließ, mußte sich die Kritik auf der Regierungsbank fast alleine anhören. Kaum einer der Kabinettskollegen war zur Debatte gekommen, und auch das Interesse der Parlamentarier schien gering zu sein. Von den Fraktionen waren nur die Grünen stark vertreten – für kurze Zeit übertraf die Zahl ihrer Abgeordneten im Plenarsaal sogar die der SPD.

Für die SPD wertete Christoph Zöpel die Folgen des Urteils im Berliner Mykonos-Prozeß, in dem ein Kammergericht den religiösen Führer und mehrere Spitzenpolitiker des Iran als Auftraggeber für die Ermordnung von vier iranischen Oppositionellen in Deutschland benannt hatte. Er wolle durchaus unterstellen, daß die Politik der Bundesregierung oftmals gutgemeint gewesen sei. „Aber gutgemeint reicht nicht.“

Steffen Tippach von der PDS nannte es ein „Armutszeugnis“ für die Bundesregierung, wenn sie sich jetzt hinter dem Gericht verstecke und nach neuen Richtlinien für die Iranpolitik suche. Das Gericht habe schließlich nur festgestellt, „was so ziemlich jeder wußte“: daß nämlich Teheran iranische Oppositionelle im Ausland ermorden ließe.

Hilfe bekam Außenminister Kinkel aus den Reihen der Koalition – aber die hatte einen zweideutigen Beigeschmack. Zwar wies Kanzleramtsminister Rudolf Seiters pflichtschuldig Kritik der Opposition an der Regierung zurück. Gleichzeitig aber räumte er ein, daß „die Beziehungen zum Iran künftig nicht mehr mit dem Begriff ,kritischer Dialog‘ beschrieben werden sollten.“

Seiters verwies darauf, daß es sich bei dem Kurs gegenüber Teheran um eine innerhalb der Europäischen Union „abgestimmte“ Politik gehandelt habe. Ulrich Irmer von der FDP sprang für seinen Fraktionskollegen Kinkel mit dem Hinweis in die Bresche, die Iranpolitik der USA sei schließlich auch gescheitert. Kinkel selbst verteidigte die Linie der Bundesregierung, den „kritischen Dialog“ mit Teheran nicht schon früher von sich aus beendet zu haben. Wie sinnvoll das gewesen sei, habe sich jetzt an der Solidarität europäischer Kollegen gezeigt. Nun werde in der EU der „kritische Dialog“ ausgesetzt. Unmittelbar danach würdigte der Außenminister die aus seiner Sicht positiven Ergebnisse des „kritischen Dialogs“: „Wir wollen den Gesprächsfaden mit dem Iran nicht voll abreißen lassen.“ Entscheidend sei es, sich dort eine Einwirkungsmöglichkeit zu erhalten. Zu den Vorwürfen der Opposition fiel Kinkel nur ein Wort ein: „abwegig“. Das sagte er gleich dreimal hintereinander.