Humorvolle Comedy-Show oder frauenfeindlicher Schwachsinn?

■ Ein Streitgespräch zwischen zwei taz-JungredakteurInnen und zwei Schülern über die „Nullnummer“von Radio Bremen 4 / Wer läßt sich nur für ein T-Shirt zum Affen machen?

Man liebt sie, oder man haßt sie. Zwei Stunden lang sind Hermine Plaschke und Gisbert Geier sonntags von 18 bis 20 Uhr mit ihrer „Nullnummer“bei Radio Bremen 4 auf Sendung. In der Comedy-Sendung mimt Gisbert Geier (gesprochen von Jens-Uwe Krause) einen geilen, aber leider impotenten alten Daddy, der nichts anderes im Sinn hat als „Schnitten“, mit denen er am liebsten „Pim-pim“machen würde. Während einige Hörer seine Flirts mit den vornehmlich sehr jungen Anruferinnen lustig finden, bleibt anderen das Lachen im Halse stecken: Geier läßt sich von den Mädchen auch schon mal beschreiben, wie sie nackt auf dem Tisch tanzen. Hermine Plaschke (Sprecher Peter Mack), „die fette, alte Kuh“(O-Ton Geyer) versucht, Prominente mit peinlichen Fragen aus der Fassung zu bringen. Die taz-JungendredakteurInnen Kristin Keveloh und Hannes Bartz, die der Nullnummer kritisch gegenüber stehen, führten ein Streitgespräch mit Johannes B. (14) und Ole R. (15), für die die Nullnummer „unentbehrlich“ist und „zum Leben gehört“.

taz: Was findet Ihr lustig an der Nullnummer?

Ole: Der Humor ist zwar ein bißchen flach, aber man kann doch drüber kichern.

Der Humor der Sendung ist auf Schadenfreude aufgebaut.

Ole: Ja, der geht unter die Gürtellinie. Manche Leute mögen's aber.

Könnt Ihr Euch nicht anders amüsieren als über Schadenfreude?

Ole: Doch könnten wir, aber es gibt ja nichts anderes. Es gibt im Norddeutschen Raum keine andere Radio-Comedy-Sendung.

Welche Person findet Ihr bei der Nullnummer am besten oder witzigsten?

Ole: Den Herrn Professor, den Dankwart.

Johannes: Ja, ich auch. Und Gisbert Geier.

Und warum?

Ole: Dankwart versucht so'n anderen nachzumachen, wer war das noch mal? Das ist ja der Stil von so'ner Wissenschaftssendung. Wen man die auch mal gehört hätte, dann merkt man auch mal, wie geil die Sendung verarscht wird. Irgendwie ist Gisbert derbe, weil er immer „find– ich Scheiße, find' ich Scheiße“sagt. Ist mir zu niveaulos.

taz zu Johannes: Du findest Gisbert Geier gut, hast Du gesagt.

Johannes: Ja, so ein bißchen.

Gerade eben fandest Du Gisbert Geier noch richtig gut.

Johannes: Ja, also diese Reportagen von ihm, die finde ich auch geil. Aber ansonsten...

Die Leute, die wir kennen, werden nach einer Stunde Nullnummer hören immer etwas merkwürdig.

Ole: Sieht man ja an mir, –ne!?

Findet Ihr die Nullnummer nicht frauenfeindlch?

Ole: Es ist irgendwie allesfeindlich. Es ist nicht nur frauenfeindlich, es sind Witze gegen irgendwelche Randgruppen, es gibt Ausländerwitze, es gibt Männerwitze, Frauenwitze.

Es ist aber ziemlich frauenfeindlich, wirklich.

Ole: Also, ich finde es nicht lustig.

Wieso hörst Du es dann? Die ganze Sendung ist doch auf diesem Humor aufgebaut.

Ole: Tja.

Wenn Du es nicht lustig finden würdest, würdest Du es doch nicht hören.

Ole: Hmm...

taz zu Johannes: Du kannt da ruhig auch was zu sagen.

Johannes: Manche Witze sind also wirklich ein bißchen dumm, aber die meisten sind dann doch ziemlich gut.

taz zitiert Dankwart von Hinten: „... weitere Erfindungen, die zweifellos von einer Frau stammen müssen, sind zweifelhafte Rituale wie täglich frische Unterwäsche, Werbeunterbrechungen in Sportsendungen oder Geschlechtsakte, die länger als vier Minuten dauern müssen.“

Findet Ihr das witzig, könntet Ihr darüber lachen?

Die Nullnummerfans schweigen.

Ole: Wenn es Dankwart vortragen würde, vielleicht. Ich weiß jetzt nicht, wie es vorgetragen wurde.

Eben in seinem Stil.

Ole: Wäre für mich ein Flachwitz, fände ich nicht witzig.

taz zitiert Dankwart von Hinten: Es gibt keine Frau, die willensstark, intelligent, attraktiv und innovativ ist, das kann nur ein Mann sein (aus: „Verblüffende Phänomene“).

Ole (ist verblüfft): Das sagt Dankwart? Meine Meinung ist es nicht.

taz zu Johannes: Findest Du das witzig?

Johannes: Nö, auch nicht. Manche Witze sind witzig, aber solche...

taz zitiert Gisbert Geier: „Die Sendung mit dem geringsten IQ.“

Findet Ihr das lustig?

Ole: Ach so, das ist ein Gag. Ich dachte jetzt, das wäre eine Feststellung. Das finde ich weniger lustig.

taz zitiert Gisbert Geier: „Wie ist das so, wenn man so ganz ohne Hirn durch das Leben geht und sich Schnorchel in den Mund steckt? Hörer: Ja, das ist normal bei mir. Gisbert Geyer: Schlichte Gemüter bei mir heute abend.“

Das Hörer-Duell läuft immer darauf hinaus, daß die Hörer verarscht werden. Was meint Ihr, warum die Leute da immer wieder anrufen?

Johannes: Weil es was zu gewinnen gibt.

Würdet Ihr euch für ein T-Shirt zum Affen machen lassen?

Ole: Manche Leute würden für ein T-Shirt alles machen.

Die Prominentenverarschung von Hermine Plaschke läuft auch immer auf das Gleiche hinaus. Erst ist sie nett und freundlich und zum Schluß beschimpft sie die Prominenten. Es ist also immer der gleiche Aufbau. Findet Ihr das immer wieder witzig?

Johannes: Also, wie gesagt, manche Sachen sind wirklich gut, aber...

Ihr habt gesagt, Ihr hört das zwar ganz oft, aber eigentlich findet Ihr nichts so richtig witzig, wieso hört Ihr das dann? Ole, Du hörst nur diesen Professor?

Ole: Ich hör ihn nicht nur, ich hör' natürlich die ganze Sendung, aber ich find ihn so ziemlich witzig oder auch so kleinere Einspielungen, wie zum Beispiel bei der Sendung zum 25. Jubiläum der Sendung mit der Maus, da wurden kleine Einspiele eingespielt, so im Stil der Maus, wo die Sachen immer erklärt wurden, da war beispielsweise das mit der Guillotine. Was ist eine Guillotine? Da wurde das dann halt auch lustig erklärt.

Wie denn ?

Ole: Irgend so ein Herr, der war ganz böse und hätte irgendwie im Urlaub im Irak eine Frau kennengelernt, hätte ihr an den Busen gegrapscht und so. Und dafür geht er jetzt in den Knast und wird geköpft. Mit der Guillotine. Und da wird der Kopf reingesteckt, festgeklemmt und das Fallbeil saust runter, ja, der Kopf ist jetzt ab, spritzt natürlich noch'n bißchen Blut aus dem Herrn, aber dafür gibt es ja den Reinigungsdienst.

Also das ist jetzt lustig?

Ole: Ja.

Seid Ihr nicht auch der Meinung, daß das Weltbild der „Nullnummer“nur aus Männern, Tieren und Bäumen besteht?

Johannes: Ja, das ist ja teilweise auch so, aber...

Findet Ihr das auch lustig, daß Gisbert Geier in jedem dritten Satz das Wort „Hackfressen“oder das Wort „Schnitte“benutzt?

Ole: Gisbert Geier ist einfach nur ein total notgeiler Kerl.

taz zu Johannes: Was sagst Du dazu, Du findest Gisbert Geier doch so witzig?

Johannes: Das ist ja nicht zum Lachen gedacht.

Wozu denn dann, das ist doch eine Comedy-Sendung, oder nicht?

Johannes: Ja, aber darüber kann ich nicht lachen. Seine Witze sind mehr so in den Reportagen, darüber kann ich lachen.

Findet Ihr den Humor da nicht ein bißchen niveaulos?

Ole: Er ist flach. Hart an der Grenze.

Hart an welcher Grenze?

Ole: An der Grenze zum Geschmacklosen, aber man kann manchmal doch noch drüber lachen.

Wie findet Ihr die Deutschmacher?

Beide: Klasse!

Warum?

Ole: Die wörtlichen Übersetzungen sind lustig.

Zum Schluß noch ein Zitat aus einem Artikel der taz vom 4.2. zu den Deutschmachern: „Wer über –plopp-plopp-ploppen an der Himmelstür' oder –Ich schoß den Sheriff' lachen kann, kann über alles lachen.

Ole und Johannes schweigen.

Das heißt im Klartext, daß die, die darüber lachen, doof sind.

Ole: Wußt' ich schon lange.