Der Kampf um den Müll

Durch das seit Oktober geltende Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz hat sich der Streit um die Müllverwertung auch in Berlin verschärft.
■ Von Gereon Asmuth

Auch ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, mit dem die Bundesregierung eine Trendwende beim Rohstoffverbrauch erreichen wollte, hat sich noch nicht allzuviel getan. „Aufgrund einer Fülle von Übergangsbestimmungen entfaltet das Gesetz erst in gewissen Abständen seine Wirkungen“, erklärt Wolfgang Bergfelder von der Berliner Umweltverwaltung. So werde die auf dem Gesetz beruhende Bestimmungsverordnung für besonders gefährliche Abfälle erst ab Januar 1999 gelten.

Ganz am Anfang steht auch noch die Bildung der Entsorgergemeinschaften, mit denen die Abfallbetriebe zukünftig ihr Müllgebaren selbst überwachen sollen. Sie müssen von dem jeweils zuständigen Landesumweltministerium anerkannt werden. Doch die Länderarbeitsgemeinschaft (Laga) habe sich nicht auf gemeinsame Vorgaben einigen können, kritisiert Gert Krüger von der Abwassertechnischen Vereinigung (ATV) in Hennef. Nun werde die Anerkennung aufgrund eines vorläufigen, für die Länder nicht verbindlichen Kompromisses ausgestellt. So konnte die ATV Anfang April die Anerkennung erhalten. Zusammen mit dem Bundesverband für Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE) wird sie Ende April eine Entsorgergemeinschaft gründen. Von ihr vermittelte Gutachter sollen dann die Entsorgungsunternehmen prüfen. Nur bei positiver Beurteilung wird ein Zertifikat vergeben. Daran sollen Abfallbesitzer erkennen, ob der Entsorger über die gesetzlich geforderte Zuverlässigkeit verfügt.

Doch das eigentliche Problem liegt tiefer. „Jetzt hat der Kampf um den Müll begonnen“, meint Entsorger Krüger. Umweltverwalter Bergfelder erklärt, warum: „Bei Abfallbeseitigung besteht grundsätzlich weiterhin ein Überlassungsgebot an kommunale Entsorger wie die BSR. Bei Abfallverwertung nicht.“ Hier setzt vor allem das monetäre Verwertungsinteresse der Entsorger an. Die Verwertung sei häufig billiger als eine sachgerechte Entsorgung, weiß Bergfelder. Doch auch wenn das Abfallgesetz grundsätzlich Verwertung vor Beseitigung stellt, sei die Verwertung ökologisch nicht immer begrüßenswert. So sei bisher Filter- und Flugasche aus thermischen Anlagen ein klassischer Fall für eine Untertagedeponie gewesen. Rein ökonomisch eigne sie sich jedoch auch zur Verfüllung der zahlreichen Bergbaulöcher in deutschen Landen. Auch die Verwertung von Abfällen etwa als Brennstoff in belgischen Zementwerken sei „nicht schick“. Zudem bestehe die Gefahr, daß die BSR die Kippentgelte für die Deponien im Berliner Umland erhöhen müßte, wenn dort weniger Abfall abgeladen würde, meint Bergfelder. So bestehe in der Umweltverwaltung derzeit auch kein Interesse, die bisher ausgebliebene Bildung einer Berliner Entsorgergemeinschaft anzustoßen. Gegen das Beharren auf dem Status quo hätte auch Grudrun Pinn, Abfallexpertin des Umweltschutzbundes BUND, nichts einzuwenden. Bei den Entsorgergemeinschaften bestehe die Gefahr einer Monopolisierung. Schon jetzt hätten beispielsweise die großen Energieversoger Claims für ihre eigenen Entsorgungsfirmen abgesteckt. Eine ökologisch sinnvolle Stoffverwertung sieht Pinn jedoch vor allem durch die fehlende Novellierung der Verpackungsordnung gefährdet. Daher werde derzeit statt in notwendige Recyclinganlagen in Müllverbrennung investiert.