Junge Union sagt Anti-Gewalt-Demo ab

■ Absage aus Angst vor „linken Chaoten“. Streit um die Demo-Route beim revolutionärem Mai vertagt

Die Junge Union hat die Segel gestrichen. Aus Angst davor, „von linken Chaoten durch die Straßen getrieben zu werden“, wie es das CDU-Landesvorstandsmitglied Roman Simon gestern gegenüber der taz formulierte, habe man die geplante Anti-Gewalt-Demo am 27. April am Senefelder Platz in Prenzlauer Berg abgesagt. Auslöser sei dabei ein Flugblatt gewesen, daß dem JU-Vorsitzenden des Kreisverbandes Prenzlauer Berg, René Güntner, zugegangen sei. Darin heißt es unter anderem: „Für den Rechtsextremisten Lummer basteln wir ein paar Krücken, damit er endlich über seinen bornierten Tellerrand glotzen kann.“ Lummer war wie der Ex-Innensenator Dieter Heckelmann, die Bundestagsabgeordnete Wilma Glücklich und der Ex-Bürgerrechtler Erhart Neubert als Redner der JU-Demo vorgesehen.

Zu der Demonstration „ohne Pflastersteine“ hatten neun Kreisverbände der Jungen Union aufgerufen, um ein „Zeichen gegen das alljährliche Berliner Chaos am 1. Mai in Prenzlauer Berg“ zu setzen. Innerhalb der CDU war die Demo, die zunächst am Kollwitzplatz stattfinden sollte, freilich nicht unumstritten. Auch das Bezirksamt Prenzlauer Berg und der CDU- Wirtschaftsstadtrat Frank von Olschewski hatten Bedenken gegen den Aufzug angemeldet und sich dafür eingesetzt, die Demo vom Kollwitzplatz zum Senefelder Platz zu verlegen.

Die Absage begründete Simon aber nicht nur mit der Angst vor möglichen Gegendemonstranten, sondern auch mit der angespannten Haushaltslage. Angesichts der „bundesweiten Mobilisierung“ der autonomen Szene wäre ein Polizeieinsatz zum Schutz der JU-Demo zu teuer geworden, sagte Günter. Ein Verzicht spare somit auch Geld.

Unterdessen hat das Vorbereitungsplenum der „revolutionären 1.-Mai-Demonstration“ am Rosa- Luxemburg-Platz die Entscheidung darüber, ob die Demo dieses Jahr erneut durch Prenzlauer Berg ziehen soll, auf Sonntag vertagt. Nach dem eindeutigen Votum linker Gruppen aus Prenzlauer Berg gegen einen Demozug durch ihren Bezirk hatte sich vor allem das Anti-Olympia-Komitee (AOK) für eine erneute Diskussion eingesetzt, um „eine mögliche gemeinsame politische Arbeit nicht ... zu verunmöglichen“.

Als Alternativroute ist die Friedrichstraße in Mitte im Gespräch. Für die Friedrichstraße haben sich auch „Gruppen, Projekte und Einzelpersonen aus Prenzlauer Berg“ ausgesprochen. Eine solche Entscheidung, heißt es in einem Flugblatt, „würde hier sicher von mehr Menschen verstanden, und für künftige Diskussionen – auch über den 1. Mai hinaus – wäre eine gute Basis geschaffen“. Ebenfalls gegen die Demo-Route durch den Prenzlauer Berg hat sich die Redaktion der Szenezeitschrift Interim ausgesprochen. Man müsse die Position der Gruppen aus Prenzlauer Berg gegen eine Demo in ihrem Bezirk zwar nicht teilen, aber ernst nehmen. Uwe Rada