Charmante Melolontha melolontha

Der Mensch, sagt der Kosmos- Käferführer, nennt seine Nahrungskonkurrenten „von einem egozentrischen Standpunkt aus Schädling“. Der Käfer hat ältere Rechte auf Baum und Strauch. Er ist 100 Millionen Jahre alt. Die beliebteste Spezies ist der Maikäfer. Selbst die schlimmsten Vernichtungsfeldzüge von Melolontha melolontha, als ihr Massenflug die Sonne verdunkelte, konnten seinen Charme nicht mindern. 1911 wurden auf einem Befallsgebiet der Pfalz 22 Millionen Käfer gezählt. An der Bergstraße bei Heppenheim sammelten 1939 Schulklassen an zwei Tagen 300 Zentner. Plage hin, Kahlfraß her: Er wurde besungen und bereimt. Im warmen Mai erwacht er aus der Kältestarre, und: „Maikäfer, flieg!“

Maikäfer sind Flugkünstler mit ausgeklügeltem Antriebsystem. Zuerst wird gepumpt: Der Maikäfer preßt Luft in den Körper. Er hat keine Lunge, der Gasaustausch geht direkt in die Körperzellen. Dann hebt er ab und entfaltet seine aerodynamische Extraklasse. Die braunen Deckflügel dienen als starre Tragfläche, die durchsichtigten Hautflügel als Propeller.

Die Fühler haben sechs Lamellen bei den Weibchen und sieben bei den Männchen. Ihr zusätzliches Lamellenpaar spürt durch Riechknospen Weibchen auf. Maikäfer begatten sich in traditioneller Stellung (er oben), danach sterben die Männchen, und die Weibchen legen in eine Erdvertiefung drei- bis viermal bis zu 30 Eier.

Das Maikäferleben kennt vier Stadien: Ei, Engerling, Puppe, Käfer. Der Lebenszyklus dauert in wärmeren Regionen drei, in kälteren vier Jahre. In der Erde fressen die Engerlinge Wurzeln, über der Erde naschen die Käfer mit Vorliebe an Buchen, Eichen, Ahörnern und Obstbäumen. Ulmen, Eschen und Nadelgehölze hassen sie. Vögel und Fledermäuse sind die Hauptfeinde des Käfers. Der Maulwurf schätzt die fetten Engerlinglarven.

Durch großangelegte Vergiftungen ist der Maikäfer selten geworden. Dennoch kennt ihn jeder. Wilhem Busch hat ihm ein Denkmal gesetzt: „In den Bäumen hin und her, fliegt und kriecht und krabbelt er. Max und Moritz immer munter, schütteln sie vom Baum herunter.“

Manfred Kriener