Die Belämmerten schwiegen dieses Mal nicht

■ Nach peinlichem 0:4 in Freiburg blockieren frustrierte St.-Pauli-Fans Mannschaftsbus

Mit 0:4 hat der FC St. Pauli beim Bundesliga-Schlußlicht Freiburg verloren, und irgendwie mag niemand, trotz nur drei Punkten Rückstand zum rettenden 15. Tabellenplatz, auf Optimismus machen. Schließlich deprimierte ja weniger das Ergebnis an sich, sondern die Art und Weise, wie St. Pauli unter die Räder kam.

Erst in der 53. Minute hatte der FC durch Nikolai Pisarew seine erste Torchance. Da stand es längst 2:0. Gespielt hatten bis zu diesem Zeitpunkt nur die zuvor in 14 Spielen sieglosen Schwarzwälder. Von „Offenbahrungseid“sprach Manager Helmut Schulte nach dem Debakel. Eben jener trieb die standhaftesten der Fans zu außergewöhnlichen Maßnahmen.

Etwa 100 der mitgereisten Anhänger versperrten dem Mannschaftsbus per Sitzblockade den Weg. „St.-Pauli-Amateure“skandierten die restlos bedienten Fans, die ihren Fahnen auf dem Boden ausgebreitet hatten. Trainer Uli Maslo sowie Torwart Klaus Thomforde und Kapitän Carsten Pröpper versuchten, die Wogen zu glätten – mäßig erfolgreich. Erst nach anderthalb Stunden konnte der Bus das Dreisamstadion verlassen.

Es war ein verständlicher Protest. Die Fans sind anscheinend mit ihrer Geduld und ihrer Kompromißbereitschaft am Ende, zumal es nicht das erste Mal war, daß sie sich öffentlich über die zweifelhafte Berufsauffassung der St.-Pauli-Spieler empört hatten.

Schon im Anschluß an das blamable 0:3 gegen den HSV und mehr noch nach der Pokalpleite in Cottbus, hatten die Fans ihrem Ärger auch außerhalb des Stehblocks Luft gemacht. War es beim „Schweigen der Belämmerten“nach dem Pokalaus noch die demonstrative Stille, so klang der Protest am Sonnabend um so lauter. „Wir sind pleite und ihr nicht“, riefen die Fans, die wieder einmal ihre Freizeit und viel Geld investiert hatten, um den FC auch auswärts zu unterstützen.

„Neunhundert Kilometer Fahrt, keine Punkte und die Kohle ist alle“, erklärte Holger Scharf von der „Arbeitsgemeinschaft interessierter MitgliederInnen (AGiM)“gestern gegenüber der taz, was ihn und den Rest vor der langen Rückreise noch auf die Straße trieb. „Bei Carsten Pröpper hast du das Gefühl, der fällt irgendwann tot um, aber die anderen scheinen gar nicht zu wissen, was der Verein für uns bedeutet, die kämpfen nicht mal.“

Ein Zustand, für den – laut dem AGIM-Sprecher mit Aufsichtsrats-Ambitionen – nur einer verantwortlich ist: der Trainer. „Uli Maslo kann zwar jeden runden Tisch eckig reden, aber er war es, der den Spielern systematisch das Selbstvertrauen genommen hat.“Und was soll mit dem ungeliebten Coach geschehen? „Trainerentlassungen sind zwar ein Scheißmittel, aber es ist langsam an der Zeit.“

Jan Freitag