■ Nachschlag
: Der No-budget-Film-Slam 96 des Kellerkinos im Martin-Gropius-Bau

Derart basisdemokratisch sind Filmfestivals wohl nicht oft. Denn beim Kurzfilmwettbewerb „Ultrarolle“ – den der Berliner No-budget-Filmservice e.V. am vergangenen Samstag zum dritten Mal (und erstmalig nicht im SO36, sondern im Kino des Martin-Gropius- Baus) veranstaltete – entschieden allein die Zuschauer, wer hernach die hübsche Trophäe in Form einer vergoldeten Frühlingsrolle nach Hause tragen durfte. Und weil sich der Zuschauer bekanntlich gern amüsiert, waren die übers Jahr ebenfalls per Zuschauerentscheid nominierten zwölf Nachwuchsfilmchen aus dem „permanenten Kurzfilmwettbewerb“-Programm des Kreuzberger Kellerkinos dann auch in erster Linie amüsant.

Das Spektrum der Produktionen – von Perfektion ebenso weit entfernt wie vom Trash – reichte von Ralf Schusters mit wenigen krakeligen Strichen animierter Rechenaufgabe, wie lange es wohl dauert, bis sich die Berliner Gesamtbevölkerung vom Fernsehturm am Alex gestürzt hat (“Einige Zahlen über die Bevölkerung Berlins“), über die längst überfällige Illustration von Roland Kaisers schlüpfrigem Evergreen-Schlager „Manchmal (möchte ich schon mit dir...)“ durch Astrid Milewski und Tanja Steiding bis hin zu Jeanette Wagners hübscher Sprichwortverfilmung „Entre deux mers“. Hapern tat es bei allen Wettbewerbsbeiträgen irgendwo: Mal waren es die Laiendarsteller, mal war es die abhanden gekommene Dramaturgie, mal die saft- und kraftlose Pointe, und immer wieder auch die mangelhafte Phantasiebegabung der Macher.

Aus dem gar nicht unchaotisch inszenierten, und – dank der angemessen spröden Moderation durch Schauspieler Thomas Sieper und Filmemacherin Bilbo Calvez (charmant, charmant) – mit persifliertem Glanz und Glamour präsentierten Filmfestival ging dann auch Carsten Strauchs 13minüter „Coming Out“ nicht unverdient als Sieger hervor. Strauch erzählt die Geschichte von Kafkas „Verwandlung“ neu: Sein nationalistischer Protagonist A. Hübner erwacht eines Morgens, nach dem Verzehr rechtsdrehender Joghurtkultur, aus unruhigem Schlaf als A. Hitler... Strauch bekam dafür nicht nur die Goldende Loempia, sondern auch vom Veranstalter zusammengekratzte Sachpreise für die Realisierung eines weiteren Kurzfilms.

Die besten Filme des Jahres 1996 waren letztlich auch nicht besser als die übrigen saisonal wechselnden Machwerke im weiterhin mäßig kommerziellen Idealismusprojekt „Kellerkino“. Für manch unterhaltsame Überraschung jedenfalls sind die (noch?) namenlosen Talente allemal gut. Christoph Schultheis