CDU wollte SPD-Minister werben

■ Thüringer CDU dementiert Versuch: Nur Einzelaktion

Berlin (AP/dpa/taz) – Die Thüringer CDU bestreitet, versucht zu haben, Landtagsabgeordnete von der SPD abzuwerben. Andreas Minschke, Geschäftsführer der thüringischen Christdemokraten, bezeichnete gestern entsprechende Meldungen in einer ersten Reaktion als „wahrheitswidrig“ und „nicht den Tatsachen entsprechend“. Minschke erklärte, niemand sei berechtigt, „im Namen der CDU Mitglieder anderer Parteien zum Übertritt zu bewegen und entsprechende Gespräche zu führen“.

Der Spiegel hatte vorab einen Bericht seiner heutigen Ausgabe veröffentlicht, dem zufolge der Weimarer CDU-Bundestagsabgeordnete Heinz-Jürgen Kronberg am 11. März versucht habe, den stellvertretenden Ministerpräsidenten und Thüringer Wissenschaftsminister Gerd Schuchardt (SPD) abzuwerben. Über Telefon habe Kronberg sich als „Vermittler im Fall von Problemen“ angeboten und auf seine Rolle beim Wechsel der Bündnisgrünen Vera Lengsfeld zur CDU hingewiesen. Schuchardt hätte das Überläuferangebot empört abgewiesen: „Der war bei mir an der total falschen Adresse.“ Sofort habe er SPD- Landeschef Richard Dewes über den Vorfall informiert.

Dewes bezeichnete es als ungewöhnlich, daß Abgeordnete des Koalitionspartners durch Abwerbung die Wahlen korrigieren wollten. Der Vorgang sei nicht mit dem Hinweis erledigt, es habe sich um eine Einzelaktion gehandelt. Dewes deutete an, ihm sei bekannt, daß „höherrangige CDU-Funktionäre aktiv“ geworden seien. Er erwarte eine Stellungnahme der CDU, betonte Thüringens SPD- Chef.

Die Behauptung des Spiegels, auch der stellvertretende SPD- Fraktionsvorsitzende Hans Seidel sei Ziel von Abwerbegesprächen geworden, wies dieser selbst zurück. „Das ist lächerlich und für keinen der Abgeordneten ein Thema. Die Fraktion bewegt sich im Moment eher nach links“, sagte Seidel gestern der dpa.

In Thüringen regiert eine Große Koalition von CDU und SPD. Die Konservativen stellen 42 Abgeordnete. Die SPD verfügt über 29 Sitze. Drittstärkste Fraktion ist die PDS mit 17 Mandaten. Nur drei Überläufer würden der CDU die absolute Mehrheit bescheren. CDU-Generalsekretär Peter Hintze hatte in einem Gespräch mit der Chemnitzer Freien Presse versichert, die Wähler würden eine Zusammenarbeit der SPD und der Bündnisgrünen mit der PDS nicht wünschen. Im Gegensatz zu Richard Dewes gilt Gerd Schuchardt als erklärter Gegner einer Kooperation mit der PDS. Dies könnte für Kronberg, der sich seiner Kontakte zu Hintze gerühmt haben soll, der Grund gewesen sein, sich an Schuchardt zu wenden. Kronberg selbst wollte sich zu dem Vorfall nicht äußern. L.A.