Der steife Angriff des erlegten Hasen

■ „Rokoko“, ein Guckkastenfilm der Hamburger Filmemacherin Ulrike Pfeiffer

Stickende Mädchen, näselnde Jünglinge, abgespreizte kleine Finger an einer chinesischen Teetasse und anbei parfümierte Dialoge. Die luftfächelnden Gräfinnen sind keine, sondern nur billige Komödiantinnen, gemimt von 11- bis 14jährigen Mädchen, die ihren Schauspielauftrag ganz besonders ernst nehmen. Ob Hochmut, Entzücken oder Eifersucht, in ihren Übergangsgesichtern gerinnt alles zur bloßen Attitüde.

Rokoko von der Hamburger Regissseurin Ulrike Pfeiffer feierte am vergangenen Samstag seine Premiere im Metropolis. Mit leiser Ironie erzählt der Film eine belanglose Geschichte (frei nach Carlo Goldoni) rund um vermeintlich verlorene Herzen und einem ebensolchen Fächer. Konsequent statisch verdoppelt er das angestrengt amüsierte Weltbild des Rokoko, bis alles wie ein Stickkissen aussieht.

Das Dekor ist entsprechend manieriert, die Sprache sowieso. Gänzlich unverschnörkelt nimmt sich nur die Inszenierung selbst aus und bricht durch ihre unbestechlich nüchternen und geometrischen Anordnungen den Schwulst des Gefilmten. Auch gymnastische Arrangements, wie die beiden steinreichen Freier, die in einer Mischung aus Menuett und Die-Reise-nach- Jerusalem um den einen freien Stuhl balzen, spielen sich vor der statischen Kamera hüftsteif bis zur Groteske ab. Das Setting gleicht einer Gucckastenbühne und das Objektiv einem Opernglas, das das Geschehen nach Belieben zu Tableaus rahmt.

Und wenn unterm Fenster irgendwelcher Holdheiten ein toter Hase gefunden wird, erklärt der minderjährige Schütze diesen Vorfall ernsthaft mit einem „der hat mich zuerst angegriffen“, und Hysterie und Maßlosigkeit kreischen sich in andere Dimensionen.

Doch auf jede Katastrophe folgt ein Fest, und was schlimmeres als ein Kirschfleck auf feinster Seide kann sich hier eigentlich nicht zutragen. Mit dem wiedergefundenen Fächer sortieren sich auch die Liebesschwüre aufs Neue. Und alles könnte eigentlich zurück auf Anfang .

Birgit Glombitza

„Rokoko“, nur noch heute, 19 Uhr, Metropolis