: Aufmarsch verhindern
■ Antifa-Gruppen: Keine Entwarnung
Aufmärsche sind für die Propaganda der Neonazis von zentraler Bedeutung. Sie dienen dazu, ein Gefühl der eigenen Stärke erlebbar zu machen und die Basis zu mobilisieren. Auf Aufmärsche kann die Szene nicht verzichten.
Schon deshalb braucht sie ihre legalen Sammelbecken. Wenn derzeit die NPD für Leipzig mobilisiert, so wird sich nahezu das gesamte Neonazi-Spektrum beteiligen – auch potentielle Mörder vom Typus Kay Diesner, Detlev Cholewa und Lutz Schillock. Dafür bürgen schon die „Jungen Nationaldemokraten“, die seit den Parteiverboten zum legalen Sammelbecken für Neonazis geworden sind. Gerade sie setzen seit Jahren auf die propagandistische Verbindung von Rassismus und sozialer Frage. Ihr Aufruf steht unter dem Motto „Arbeitsplätze zuerst für Deutsche!“ Mit dieser Losung haben die JN Chancen, ihre Basis auszuweiten. Deshalb wollen sie in Leipzig auf die Straße.
Gilt damit Entwarnung für Berlin? Noch nicht. Seit 1992 versuchen Neofaschisten den 1. Mai hier für Aufmärsche zu nutzen. Im vergangenen Jahr kündigten die JN Aktionen in Nürnberg an, um dann unterderhand nach Marzahn zu ziehen.
Im Umfeld Steffen Hupkas wurde die Aktion ausgewertet. Nach Berlin sei mobilisiert worden, nachdem die Lage-Einschätzung vor Ort keine antifaschistischen Aktivitäten ergeben habe. Auch diesmal wird als Ausweichort Berlin gehandelt. Hier hat Innensenator Jörg Schönbohm erklärt, er werde einen rechtsextremen Aufmarsch nicht verbieten. Die Rechte muß solche Aussagen als Einladung verstehen, zumal nach den Erfahrungen von Hellersdorf im Februar.
Wie sollen sich Menschen verhalten, die keinen rechten Aufmarsch wollen? Die Kampagne unabhängiger Antifa-Gruppen „Wenn Nazi-Aufmarsch – dann verhindern!“ ruft zu Gegendemonstrationen auf. Das noch breitere Bündnis, das erklärt, sich einem Aufmarsch entgegenzustellen, wird auch von diesem Kreis unterstützt.
In jedem Fall werden Antifa- Gruppen zum Aufmarschort kommen, nach derzeitigem Stand also nach Leipzig. Wer in Berlin bleibt, sollte die Augen offenhalten und für die Verbreitung von Information sorgen. Ein antifaschistisches Info-Telefon wird unter der Nummer 6157329 eingerichtet. Auf Straßenfesten, etwa am Humannplatz, wird gegebenenfalls über Neuigkeiten informiert bzw. mobilisiert. Im übrigen sind Phantasie und Eigeninitiative gefragt. Michael Thomas/
Antifaschistisches Infoblatt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen