Bremen wird viva-isiert

■ Der Musiksender „Viva“hat ein Bremen-Büro eröffnet / Das Konzept: Warten auf Inputs aus der Region

Der Erfolg des im Dezember 1993 gestarteten Kölner Musikfernsehkanals „Viva“läßt sich nicht abstreiten. Trotz viel verspottetem Kitsch-Design (ist all die Jahre nicht besser geworden) und hirnerweichenden Quassel-Video-Jockeys (ist eher schlimmer geworden) verwies der Sender die etablierte Konkurrenz MTV auf die hinteren Plätze in der deutschen Quotengunst.

Es gibt heute etliche Bands und InterpretInnen, deren Karrieren ohne Viva-Airplay nie stattgefunden hätten. Ob die Welt ohne „Blümchen“oder „Captain Jack“tatsächlich ärmer wäre, sei dahingestellt. Aber statt zu meckern kann man es ja besser machen. Deshalb überzieht der Sender das Land mit Regionalbüros, die vorwiegend Nachwuchs und Projekte fördern und über die örtliche Szene berichten. Ein Jahr nach der Büro-Eröffnung in Hannover hat nun auch Bremen seine Filiale bekommen.

Momentan bestehen die Räumlichkeiten im dritten Stock des Goliath-Hauses am Hastedter Osterdeich noch aus weißen Wänden, einigen Firmenlogos und viel Platz. „Da kommt aber noch Personal rein!“versicherte Dieter Gorny, Erfinder der Messe „Popkomm“und Viva-Chef, als er gestern zum „Get together“lud. Wer dieses Personal dirigieren soll, steht derweil noch nicht fest. Fünfzehn Bewerbungen gäbe es auf die Stelle des Jungredakteurs, aber man wolle lieber noch etwas warten. Schließlich schwebte über Gornys Kopf das große Fragezeichen bei dem Wunsch nach Auskunft darüber, was Viva in Bremen konkret zu tun gedächte. Statt einer Antwort verwies er auf ein zuvor gezeigtes Video über die Arbeit des Hannoveraner Büros.

Dort war man mit der Förderung von Nachwuchswettbewerben und dem Filmen von jungen Menschen in Discotheken beschäftigt. In Bremen wie in anderen Städten käme nicht Viva zu den Themen, sondern die Themen zu Viva. Bremens Jungredaktion müßte somit vor allem über Szenekontakte verfügen. Gorny: „Viva will nicht von oben herab fördern, sondern versteht sich als Partner der Kreativen der Regionen.“Das erklärte Ziel sei „die Viva-isierung der gesamten Republik“, selbst der weißen Flecken. Ein solcher sei Bremen für die Kölner bis vor kurzem gewesen. Der Grund, warum hier dennoch so schnell viva-isiert wurde, ist simpel: „In Hamburg durften wir nicht.“Dort gibt es schon genug Musikfernsehen. Der Standort Bremen ist somit auch bewußte Provokation vor den Toren Hamburgs.

Da es also über die hiesigen Pläne des Senders noch nicht viel zu erzählen gab, hatte man zum „Get together“zwei neue VJs mitgebracht, was für Verwirrung sorgte. Ob das die Bremer VJs wären, wollte eine Journalistin wissen. Gorny stellte klar: „Es wird keine Bremer VJs geben!“Die 24jährige Nadine Tschanz, ehemalige Miß Landeshauptstadt-Hannover und zweimalige „Playboy“-Titelgeschichte, und der 27jährige Daniel Ziolkowski wußten dann auch nicht so recht, was sie außer den Sendeterminen ihrer überregionalen Shows erzählen könnten.

„Tja, was soll ich sagen, es ist ein sinnliches Vergnügen“, beschrieb Nadine ihre Late-Night-Sendung mit erotischen Clips. Daniel, Moderator eines Live-Magazins, war ebenfalls nur für ein knappes Statement angereist: „Ich denke, das geht gut ab.“

Andreas Neuenkirchen