Eine gute Idee – aber riskant

Das offizielle Brüssel hält sich zurück: „Wir kommentieren keine nationalen Ereignisse“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission gestern. Doch hinter den Kulissen wird heftig spekuliert. Die vorgezogenen französischen Parlamentswahlen könnten als „Referendum über die Währungsunion“ gesehen werden, meinte ein hoher EU-Beamter, „Chirac ist ein wirklich großes Risiko eingegangen“. Doch genauso viele Stimmen zeigen sich erleichtert. Das Zusammenfallen der ursprünglich für nächstes Frühjahr angesetzten Wahlen mit der Auswahl der Euro-Kandidaten ließ befürchten, die französische Regierung werde die nötigen Sparmaßnahmen im Wahlkampf nicht durchhalten. „Wenn die französische Politik dadurch in einer Weise stabilisiert wird, daß Frankreich einen klaren Zeitplan für die Wirtschafts- und Währungsunion hat“, meint der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok, „dann ist das eine gute Idee.“ Denn selbst bei einem Sieg der Sozialisten glaubt in Brüssel kaum jemand, daß Frankreich vom Euro abrücken werde. Schließlich war es François Mitterrand, der in Maastricht die Währungsunion um jeden Preis wollte. Für Frankreich liegt der Euro im nationalen Interesse. Es leidet darunter, daß die eigene Geldpolitk durch die übermächtige Bundesbank geprägt wird. Der Euro soll diese Macht brechen. Und genau das macht die Sache für Paris so schwierig. Denn je dringender Frankreich den Euro will, desto mehr kann die Bundesregierung die Bedingungen diktieren. Die Verschärfung der Euro-Kriterien, den Stabilitätspakt und schließlich die Verschärfung des Stabilitätspaktes – alles hat Bonn nachträglich gegen Paris durchgesetzt. Sonst, so Finanzminister Waigel, sei der Euro in Deutschland nicht zu verkaufen. An dieser Haltung, so die Einschätzung in Brüssel, werde sich auch eine sozialistische Regierung in Paris die Zähne ausbeißen. Alois Berger, Brüssel