Sondermüll bleibt hier

■ Hamburger Senat schreibt Entsorgung in Deponien der Region gesetzlich vor

Hamburger Unternehmen dürfen ihren Sondermüll in Zukunft ausschließlich in 47 norddeutschen sowie einer hessischen Anlage verbrennen und vergraben, die der Senat bestimmt. Das sieht ein Gesetzentwurf der Landesregierung vor. Umweltsenator Fritz Vahrenholt nannte gestern zwei Ziele der neuen Bestimmung: „Dubiose Verwertungswege“per Billig-„Entsorgung“sollen versperrt werden, und Müllexporte in weiter entfernte Bundesländer oder ins Ausland soll es nicht mehr geben.

Dazu kommen wirtschaftliche Interessen der norddeutschen Abfall-Branche. Zig Milliarden Mark haben Politik und Wirtschaft in den vergangenen Jahren in neue Sondermüllöfen und -deponien investiert. Gleichzeitig gingen die Abfallmengen zurück. Resultat: Die teuren Anlagen sind nicht ausgelastet. Da soll die Hamburger Bestimmung für Zwangsnachschub aus der Hansestadt sorgen. Vahrenholt: „Es ist ein Gebot der ökologischen und ökonomischen Vernunft, daß diese Entsorgungsanlagen auch genutzt werden.“Die „besonders gefährlichen Abfälle“müßten nicht unnötig durch die Weltgeschichte kutschiert werden.“

Die regionale Entsorgung und eine stärkere Unterbindung der Müllexporte „machen Sinn“, meint Antje Möller, umweltpolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion. Nur: „Wer das erreichen will, sollte mit gutem Beispiel voran gehen und keine Müllimporte betreiben.“Seit April liefert Baden-Würtemberg Sondermüll in den Hamburger Ofen der privat-wirtschaftlichen AVG.

Die Grünen fordern, Sonderabfälle besser zu vermeiden. Zwar sinkt die Müllmenge in Hamburg, alleine zwischen 1993 und 1995 ging das Aufkommen von 400.000 auf 300.000 Tonnen zurück. Die GAL sieht weitere Möglichkeiten – etwa durch „umfangreiche Beratungsangebote“an die Industrie.

60 Prozent der Sonderabfälle „sind erwünscht“, meint dagegen Umweltsenator Vahrenholt. Diese Mengen fielen bei Abluft-, Abwasser-, und Altlastenreinigungen an. Kommentar Antje Möller: „Unsinn. Wichtig ist, Produktionsprozesse so zu gestalten, daß erst gar keine giftigen Abfälle und Stoffen entstehen. Würde beispielsweise nicht sämtlicher Hamburger Hausmüll in Verbrennungsanlagen landen, ließe sich der Anfall von hochgiftigen Filterstäuben reduzieren.“

Achim Fischer