Nachgefragt
: Mehr pfiffige Händler

■ Ladenschlußzeiten sind umstritten

Die neuen Ladenöffnungszeiten spalten die öffentliche Meinung. VerbraucherInnen ärgern sich über uneinheitliche Ladenschlußzeiten, Angestellte über verschlechterte Arbeitszeiten und die EinzelhändlerInnen über höhere Personalkosten bei gleichem Umsatz. Konkrete Lösungsvorschläge, die auf allgemeine Akzeptanz stießen, sind aber kaum zu erkennen. Über aktuelle Initiativen und Lösungen sprach die taz mit Rainer Imholze, Referent für Stadtentwicklung beim Bausenator.

taz: War die Einführung der flexiblen Ladenöffnungszeiten ein Fehler?

Rainer Imholze, Referent für Stadtentwicklung: Nein. Sie beinhalten eine große Chance, mehr Urbanität in die Stadt zu ziehen. Das klappt aber nicht allein mit neuen Ladenschlußzeiten. Dazu muß ein ganzes Bündel an Maßnahmen her – mit Kultur und ähnlichem. Die Stadt muß Erlebnisraum werden.

Zur Zeit gibt es offensichtlich das große Chaos. Alle Beteiligten beklagen sich. Wie kann man das jetzt auf einen Nenner bringen?

Die Einzelhändler müssen ihr Management verändern. Für die Verbraucher bringen die veränderten Ladenschlußzeiten einen großen Gewinn. Nur sind sie zur Zeit unübersichtlich.

Wie soll dieses neue Management konkret aussehen?

Dafür bin ich der falsche Ansprechpartner. Ich stell' nur immer fest, daß die Diskussion sehr polarisierend geführt wird. Jeder schiebt jedem die Schuld zu. Aber zuerst müssen die einzelnen Marktteilnehmer mal für sich definieren, was sie wollen.

Herrscht in dieser Stadt Ideenlosigkeit darüber, wie man das Problem lösen könnte?

Nein, so schlimm ist es nun doch nicht. In erster Linie sind jetzt die Einzelhändler gefragt. Die müssen sich zusammensetzen und lokale Lösungen finden. Dabei wird in der Innenstadt garantiert etwas anderes herumkommen als in Vegesack.

Wie könnte man das lösen? Ein Ansatz lautet, runde Tische in den Ortsämtern einzuführen oder das Ganze nach dem Apothekenprinzip zu lösen.

Ein erster und guter Ansatz ist zum Beispiel mit der Viertel-Initiative geschaffen worden. Da werden Marketingstrategien entwickelt, die jetzt aber umgesetzt werden müssen.

Bremen ist tot, wir kaufen in Oldenburg ein. Woran liegt's?

Das Problem von Bremen ist die Qualität. Die Quantität ist da. Flächen stehen zur Verfügung. Damit ist das Problem in erster Linie ein Problem der Händler. Es fehlen Investoren und es fehlen pfiffige Einzelhändler, die bereit sind, hier mit anzupacken und selbst zu investieren. Ich kann mich da nur wiederholen.

Aus der Bremer Handelskammer heißt es dazu, Bremen muß aus dem Speckgürtel mindestens eine halbe Milliarde Mark Umsatz jährlich zurückgewinnen. Ließe sich das mit mehr Qualität schaffen?

Ja, wir müssen uns unserer Rolle als Oberzentrum wieder bewußt werden. Dazu gehört eine gewisse Qualität. Sonst fahren die Leute eben nach Oldenburg zum Einkaufen.

Profitiert Oldenburg nicht von anderen Faktoren? Zum Beispiel mehr Urbanität. In der Bremer City wohnen nur noch 4.000 Menschen.

Das könnte man mit dem Faulenquartier abfangen. Das bietet echte Wohn-Potentiale. In der Innenstadt muß das anders funktionieren. Es werden Passagen entwickelt, die fußläufigen Beziehungen verbessert und attraktive Nebenlagen geschaffen. Weiteres Potential haben wir mit dem Börsenhof, der Wertpapierbörse und dem Telekomgebäude in der Langestraße. Diese Gebäude müssen jetzt aktiviert werden.

Gibt das dann nicht massive Verkehrsprobleme?

Nein. Dieses Argument ist absoluter Unsinn. Im Vergleich zu anderen Großstädten ist Bremen für alle Verkehrsteilnehmer hervorragend erreichbar.

Was passiert nun im Stadtentwicklungsressort?

Bis zum Sommer legen wir ein komplettes Konzept vor. Dann müssen wir uns mit den Kaufleuten und den Verbrauchern an einen großen Tisch...

...oder mehrere kleine?

Genau – in den Ortsämtern zusammensetzen und eine Lösung erarbeiten. Man darf nur eins jetzt nicht machen: Die Ladenöffnungszeiten nach einem schlechten Winter zu verteufeln.

Interview: Jens Tittmann