Das Schweigen des Lamms

■ Fortsetzung folgt (hoffentlich!!!): Duo Pigor und Eichhorn mit neuem Programm

Jauchzet, frohlocket! Sie sind wieder da. „Pigor singt. Benedikt Eichhorn muß begleiten.“ Genau wie vor zwei Jahren, nur hat das Programm diesmal den nüchternen Untertitel „Volumen 2“. Wie damals schaut der Pianist Eichhorn knechtisch zu Pigor auf, der ihn auf gewohnt charmante Weise fertigmacht. Dabei darf Eichhorn diesmal sogar die Ansagen machen. Höflich lächelnd schaut sein Tyrann zu, wie der Pianist auf die vorbereiteten Kärtchen starrt und sich immer jämmerlicher verhaspelt. Und entreißt ihm dann doch wieder die Moderation: „Sie sehen ja selbst...“

13 neue Großstadtsongs, sollte man denken, sind eine ganze Menge. Aber die Zeit geht viel zu schnell vorbei. Pigor und Eichhorn haben den Salon-HipHop und den Rap im Dreivierteltakt erfunden und diese Musikrichtungen damit aus dem Ghetto der ewigen Anklage befreit. In absolut irrwitziger Geschwindigkeit rapt Pigor die Klage eines verlassenen Liebhabers, dessen Mädchen nach Wien will, obwohl sie doch gerade eine Wohnung mit Zentralheizung in Berlin-Mitte ergattert haben – und baut dabei alle Small-talk-Versatzstücke ein, die in Gesprächen der urbanisierten akademischen Mittelschicht unvermeidlich sind: „Du, was hier abgeht, in 8 bis 10 Jahren, du, hier ist Hauptstadt...“

Woher der Charme des kleinwüchsigen Sängers mit dem spärlichen Haupthaar eigentlich kommt, ist schwer zu sagen. Vielleicht liegt's an den Anklängen an den weichen unterfränkischen Dialekt, der sich so gut für deutschen Raggamuffin eignet („Kameramann, kuggemal, komm!“). Vielleicht ist es auch der Kontrast zwischen seiner verbindlichen Art und den gnadenlosen Texten, die vor allem Frauen hart zusetzen. „Seid froh, daß ihr nicht heterosexuell seid!“ ruft er den Schwulen zu, denn so blieben sie verschont von weiblicher „postkoitaler Dauerdepression“. Selbst die urälteste Klage der Männer, Frauen seien entweder intelligent oder sexy, nie jedoch beides zusammen, scheint noch nie jemand so gut auf den Punkt gebracht zu haben wie er: „Ruth küßt gut und ist ansonsten idiotisch, Isabel ist hell im Kopf, aber unerotisch.“

Tja, die Frauen. Das Duo kann – wie es in seiner „B-Sprache“ heißt – auch sehr schön „Mobodebern Jabazz“ und „Bebebobop“, und es klingt ganz schön schwül, wenn Pigor im roten Licht und mit viel Timbre verkündet: „Es geht nur um Sex heute nacht“ und daß er also nicht wissen wolle, aus welchem Bundesland die Frau komme und wie lange schon in Berlin und so weiter... Erotik durch Ironie zu steigern ist eine Kunst, die nur den Erwählten vorbehalten ist. Aber Pigor ist so einer. Zehn Jahre lang war er Texter, Sänger und Regisseur bei der Truppe „College of Hearts“, er schrieb die Musicals „Blutiger Honig“ und „Im Schatten der Hochbahn“. Auch Benedikt Eichhorn hat übrigens einige Musicals geschrieben, und deshalb und weil er ein Seminar über Durchsetzungsvermögen gemacht hat, faßt er irgendwann doch den Mut, gegen seinen Dompteur aufzubegehren, und zwar mit seinem allerbrutalsten Mittel: Er sagt einfach nichts mehr. Dafür macht Pigor ihm das Licht aus. Und Eichhorn spurt wieder. Hoffentlich hat diese Serie noch viele, viele Folgen. Miriam Hoffmeyer

Bis 11.5. täglich, 20.30 Uhr, in der Bar jeder Vernunft, Schaperstr. 24