Kein Fall für echte Notfälle

Unter Protest öffnete die „Heftpflaster“-Ambulanz im Hafenkrankenhaus. Schließung nach den Wahlen befürchtet  ■ Von Lisa Schönemann

Bei der gestrigen Ambulanzeröffnung am Standort Hafenkrankenhaus auf St. Pauli haben die ehemaligen BesetzerInnen der Station D die Toleranzgrenze des Landesbetriebes Krankenhäuser (LBK) ausgelotet: Wie Cheerleader versammelten sie sich mit Pflastern und Blaskapelle vor der Ambulanz, obwohl die Besetzung des Kenhauses als beendet gilt. Bei den Vertretern des staatlichen Krankenhausträgers LBK lagen die Nervenenden blank. Mehr als die Auftaktproteste werde der LBK auf keinen Fall tolerieren, so Vorstandsmitglied Karsten Becker. Der LBK hatte den Abzug der BesetzerInnen zur Bedingung für die Eröffnung der Einrichtung gemacht.

Die Ambulanz heißt nun „Notfallambulanz St. Pauli“– obwohl dort keine lebensbedrohlichen Erkrankungen behandelt werden können. Statt dessen finden künftig nur PatientInnen mit Wunden und Knochenbrüchen bis zur Notfallstufe 2 (von sieben möglichen) Aufnahme. Für mehr fehlt unter anderem eine Intensivstation. Schwerverletzte können also in der Ambulanz nur für den Weitertransport stabilisiert werden.

Bei den Beschäftigten war die Stimmung gestern dementsprechend gedämpft. Viele der rund 30 PflegerInnen und ÄrztInnen gehören zum ehemaligen Personal des Hafenkrankenhauses, das Ende Februar geschlossen worden war. „Wir sind doch hier nur der Spielball der Politik“, wurde gemurrt, „spätestens nach der Wahl werden sie das Ding dicht machen, weil es zu teuer ist.“

Dann werden die Kittel mit dem HKH-Schriftzug, die jetzt noch an das umkämpfte Hafenkrankenhaus erinnern, voraussichtlich endgültig in der Mottenkiste verschwinden. Wie zufällig wurde der Termin für die Abwicklung der auf dem Klinikgelände verbliebenen Geräte auf den 30. September gelegt.

Bis dahin werden dort zwei InternistInnen, fünf ChirurgInnen und einige Anästhesisten im Schichtsystem Dienst tun. Ihr Alltag wird hoffentlich nicht nur in der Versorgung gestolperter Touristen bestehen. Der chirurgische Oberarzt Konrad Rippmann hofft auf etwa 8000 PatientInnen im Jahr. Über die geschätzten Kosten von jährlich fünf Millionen Mark streiten sich die Kassenärztliche Vereinigung, die Kassen und die Hansestadt seit Wochen.

Die Wiederbelebung der Krankenhausversorgung im Hafenkrankenhaus war eine der zentralen Forderungen der Initiative „Ein Stadtteil steht auf“gewesen. Der Senat hatte zuletzt die Stadtentwicklungsgesellschaft (STEG) als Puffer zwischen dem LBK und den BesetzerInnen eingesetzt, auf daß ein Vertrag über die zukünftige Nutzung der Station D zustandekomme, der auch unterschrieben wurde.