Dürfen Eurocops ohne Kontrolle operieren?

■ Bundestag beriet in erster Lesung den Aufbau eines europäischen Polizeiamts

Berlin (taz) – Aus Sammlern werden Jäger. Die geplante europäische Polizeibehörde Europol soll entgegen allen früheren Verlautbarungen nun doch eine eigenständige Ermittlungsbehörde werden. Das zeigte sich gestern im Bundestag bei der ersten Lesung zu Europolkonventionen, die in bundesdeutsches Recht umgesetzt werden sollen. Der Parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Eduard Lintner (CSU), erklärte, der Aufbau eines europäischen Polizeiamts ermögliche „praxisorientiert und operativ“ eine Verbrechensbekämpfung auf internationaler Ebene.

Das Ziel sei, Europol langfristig eigene Aufgaben und Exekutivbefugnisse zu geben. Bisher soll Europol nach dem Willen der EU- Mitglieder nur eine Zentralstelle für den Austausch und die Auswertung der Informationen werden, die die verschiedenen Landespolizeien gesammelt haben.

Als Vorläuferorganisation für Europol wurde in Den Haag eine „Europäische Drogeneinheit“ mit rund 120 Mitarbeitern errichtet. Mit ihren Verbindungsbeamten aus den EU-Staaten gibt sie auf Anfrage der nationalen Polizeien Informationen zu länderübergreifenden Fahndungen weiter. Im nächsten Schritt soll nun die Behörde auch für Drogen- und Menschenhandel, Nuklear- und Schleuserkriminalität, organisierten Autodiebstahl sowie Geldwäsche zuständig werden.

Lintner betonte im Bundestag, daß umfangreiche Bestimmungen in den Europolkonventionen die Kontrolle der Behörde durch Justiz und Parlament sicherstellten. Das sehen aber vor allem die Grünen-Parlamentsfraktion und die PDS-Bundestagsgruppe ganz anders. Bislang gebe es keine Antwort auf die Frage, ob Europol grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Ansprüchen genüge. So habe zum Beispiel das Europäische Parlament nur Anhörungsrechte, aber keinen Einfluß, so daß Europol niemandem Rechenschaft schuldig sei. Die PDS-Abgeordnete Ulla Jelpke nannte den Entwurf „völlig inakzeptabel“. Kritisiert wurde auch in den Reihen von FDP und SPD, daß den Mitarbeitern von Europol Immunität zugestanden werden soll. Der Liberale Burkhard Hirsch beanstandete, daß Europolmitarbeitern damit für ihre Handlungen in offizieller Tätigkeit vor jeglicher Strafverfolgung geschützt werden sollen – und das sogar noch nach dem Ausscheiden aus dem Dienst. „In welchem Land gibt es das eigentlich für die Polizei?“ fragte Hirsch. Auch der SPD- Innenpolitiker Körper warnte, spätestens wenn Europol operativ tätig werden könnte, müßte von dieser Immunität abgegangen werden. Wolfgang Gast

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