Nach neun Jahren Freispruch für Monika Böttcher

■ Landgericht Gießen sah die Indizien für den doppelten Kindesmord entkräftet. Staatsanwaltschaft und Nebenklage kündigen Revision gegen das Urteil an

Gießen (taz/dpa) – Neun Jahre nach ihrer Verurteilung zu lebenslanger Haft ist gestern Monika Böttcher (39), geschiedene Weimar, vom Vorwurf freigesprochen worden, ihre beiden Kinder getötet zu haben. Das Landgericht Gießen hob das Urteil des Landgerichts Fulda vom 8.1. 1988 aus Mangel an Beweisen auf.

Das Gericht habe zwar, begründete der Vorsitzende Richter der 6. Strafkammer, noch immer berechtigte Zweifel an der Unschuld der Frau. Einiges aber sei nicht mehr zu klären, anderes habe eher für als gegen sie gesprochen. Der Medienrummel, den dieser Prozeß vor neun Jahren ausgelöst hatte, fand gestern im Wiederaufnahmeverfahren noch einmal seine Entsprechung. Auch diesmal drängten sich lange Schlangen von ZuschauerInnen vor dem Gerichtsgebäude. Seinerzeit hatten sie allerdings lauthals die Verurteilung gefordert, diesmal applaudierten sie nach dem Freispruch.

Im Gerichtssaal attestierten sich gestern alle Beteiligten im nachhinein „Fairneß“. Dennoch kündigten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Nebenklage, die den psychisch schwerkranken Vater der Kinder, Reinhard Weimar, vertritt, an, in Revision gehen zu wollen. Staatsanwalt Bauer: „Wir sind überrascht, aber nicht erschüttert oder frustriert.“ Monika Böttcher, stundenlang bedrängt von Kameras und Blitzlicht, ließ vor allem ihre Anwälte sprechen, ehe sie sich wieder gefaßt hatte. Dann aber strahlte sie und beantwortete auch Fragen zu nun möglichen Ermittlungen gegen ihren Ex-Ehemann, den sie immer wieder beschuldigt hatte: „Mir ist wichtiger, daß die Menschen, die mir nahestehen, mir glauben. Und ich weiß, daß ich es nicht war.“

Unmittelbar nach dem Urteilsspruch kündigte der Verlag Kiepenheuer & Witsch an, daß am 13. Mai unter dem Titel „Ich war Monika Weimar“ die Lebensgeschichte der Ankgeklagten erscheint.

Heide Platen Bericht Seite 5