Totalversager ohne Hilfestellung

■ Premiere von Peter Mays „Hughie“im Teater Imago

Es gibt viele gemeine Berufe. Charlie Hughes hat einen der schlimmsten erwischt: Er ist Nachtportier in einem New Yorker Hotel, das nicht schäbiger sein könnte. Die Uhr zeigt halb vier, ein Radio schüttet nervös klirrende Synkopen über den abgewetzten Teppich aus, und Charlie wird von einem späten Gast um den Schlaf gebracht. Mr. Smith kommt von einem Zechgelage und braucht einen Zuhörer. Seine Geschichten von Frauen, Pferdewetten und Pokerrunden sind alle von vorn bis hinten erstunken und erlogen, und der Portier ist sein wehrloses Opfer.

Die Handlung von Hughie ist im Jahr 1928 angesiedelt. Aber stärker als der Vorabend der Weltwirtschaftskrise wirkt die Geisterstunde auf die Atmosphäre ein. Der amerikanische Dramatiker Eugene O'Neill hat mit seinem 1941 geschriebenen Einakter das Psychogramm zweier Totalversager geschaffen, die sich einander stützend durch die Nacht lügen. In Erics Monolog ist außerdem Charlies verblichener Vorgänger Hughie eingewebt, ein genauso „dummer, einfacher Kerl“wie die beiden Überlebenden. In der Erzählung sollte er als dritte Person wiederauferstehen und aufs Geschehen einwirken.

Die Inszenierung von Peter May (auch in der Hauptrolle zu sehen) im Teater Imago schafft es kaum, Hughie aufzuwecken. Der Klischeesog ist übermächtig: Ein zynischer, fluchender oder sentimentaler Eric wäre ohne Schwierigkeiten durchgegangen. Doch Peter May ist als lispelnder Träger eines billigen Cowboy-Huts genau das, was er nach O'Neill offensichtlich sein soll: ein Verlierer in allen Disziplinen, ohne Pathos und ohne Fluchtmöglichkeit in jedwede Art von Kitsch. Er sieht dabei weder besoffen noch besonders verzweifelt aus, nur alt und müde. Robert Tewes als Charlie ist keinesfalls wacher. Erst zum Schluß, als er sein Interesse am Zocken entdeckt, fährt Leben in die reglose Figur hinter dem Tresen. Das plötzliche Faible wirkt aber merkwürdig unmotiviert, der Bruch zwischen Schlaftablette und Nachwuchs-Pokerface kommt genauso unvermittelt wie der Schluß.

Das Teater Imago erklärt im Programm, der Realismus O'Neills biete keine Lösungen. Die Zuschauer haben sich selbst einen Reim auf das Spiel zu machen. Geschenkt, aber etwas mehr Hilfestellung wäre wirklich nett gewesen.

Barbora Paluskova

Heute und Mi, 30. April bis Sa, 3. Mai, 20 Uhr, Teater Imago