Auf Stelzen in die Hauptstadt

Hamburg: Sekt, Selters und Stillschweigen wegen der Bonner Entscheidung zum Bau der Transrapid-Strecke nach Berlin  ■ Von Sven-Michael Veit

Der Freudenschrei durchdrang Mark und Pfennig: „Jetzt geht's los“, jubelte gestern die Handelskammer Hamburg. Den Grund für die Euphorie der mächtigen hanseatischen Wirtschaftslobby hatte am Vormittag Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) geliefert: den Bau des Transrapids zwischen Hamburg und Berlin um jeden Preis.

Zwar wird der Transrapid rund eine Milliarde Mark teurer als ursprünglich veranschlagt, dafür mußte Wissmann Fahrgastzahlen und Einnahmen deutlich nach unten korrigieren. Es klafft die betriebswirtschaftliche Schere. Der Verkehrsminister in Bonn jedoch frohlockte ob seiner Un-Wirtschaftlichkeitsberechnung: „Allen Unkenrufen zum Trotz – der Transrapid kommt auf die Spur.“(Siehe ausführliche Berichte S. 1 und 6.)

Dies sei ein „wichtiger Tag für eine neue technologiepolitische Zuversicht“, notierte die Handelskammer sektkorkenknallend und prognostizierte Bedeutendes: „Berlin, Schwerin und Hamburg“würden durch den Magnetgleiter „zu einer Mitteleuropa prägenden Großstadtregion zusammenwachsen“.

Bei soviel Überschwang konnte selbst Hamburgs Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus nicht mithalten: „Das schafft Wirtschaftskraft“und sei „national und international ein technologisches Signal“, formulierte vergleichsweise nüchtern der glühende Transrapid-Fan, der die Magnetbahn schon in Australien oder Chile angepriesen und von einer Stelzenstrecke „bis nach Moskau“fabuliert hatte. Und SPD-Stadtchef Henning Voscherau versprach Wissmanns „realistischem, zukunftsfähigem Konzept“Unterstützung.

Von der Kieler Ministerpräsidentin Heide Simonis (auch SPD) wird es jedoch weiterhin keine geben. Sie forderte gestern erneut, nicht weiter „am Milliardengrab Transrapid zu schaufeln“, die Strecke sei „weder finanzierbar noch wirtschaftlich vertretbar“. Erst vorige Woche hatte Simonis mit harsch die schleswig-holsteinische Teilstrecke zwischen Bergedorf und Büchen als „raumordnerisch inakzeptabel“abgelehnt.

Die Bergedorfer und die Billstedter BIs gegen den Transrapid kritisierten gestern, Wissmann wolle „mit der Arroganz der Macht“ein Projekt durchsetzen, „für das es keinen Bedarf gibt“. Die Umweltschützer von Robin Wood konstatierten bei einem Glas Selters „den Sieg politischen Prestigedenkens über wirtschaftliche Vernunft“.

Ansonsten übten sich Hamburgs PolitikerInnen gestern – Freitag nachmittag – in vornehmer Zurückhaltung. Die GAL schnarchte vor sich hin, und die SPD, deren Landesvorsitzender Jörg Kuhbier sich zu den Transrapid-Gegnern zählt, schwieg stille. Nur CDU-Chef Dirk Fischer begrüßte die wegweisenden Worte Wissmanns. Kein Wunder: Fischer ist dessen Staatssekretär.