Aufgeregte Hochschulen

Die Sparpläne des Wissenschaftsministeriums verunsichern die Brandenburger Hochschulen. Droht die Schließung einer Fachhochschule?  ■ Von Gereon Asmuth

Stück für Stück wurden sie nach der Wende aufgebaut. Neues Equipment, neue Dozenten, sanierte Gebäude. Fünf Fachhochschulen und drei Universitäten zieren inzwischen das Land Brandenburg. Allein an der Universität Potsdam sind 10.000 Studierende immatrikuliert. Doch mitten in ihrer noch längst nicht abgeschlossenen Entwicklung traf sie eine fast beiläufige Bemerkung von Finanzministerin Wilma Simon (SPD). Auf die Frage eines Journalisten nach möglichen strukturellen Einsparungen erwiderte sie, die Schließung einer der Fachhochschulen sei vorstellbar.

„Das kommt politisch überhaupt nicht in Frage“, kontert Martin Groholt, Sprecher der Brandenburger Wissenschaftsverwaltung. Die Schließung einer der jungen Fachhochschulen würde kurzfristig sowieso nichts bringen. Die Studierenden hätten schließlich das Recht, ihr Studium zu beenden. Und die verbeamteten Professoren könne man auch nicht einfach auf die Straße setzen. Doch Klaus Feiler, sein Kollege von den Finanzen, meint nur lakonisch, dann müsse die Wissenschaftverwaltung „sehen, wie sie anders zurechtkommt“. Es gehe ja gar nicht um die Haushaltslöcher in diesem oder dem nächsten Jahr. Feiler versucht so der Debatte ein wenig Wind aus den Segeln zu nehmen. Doch langfristig dürfe keine Hochschule von einem „gottgegebenen Ist-Zustand ausgehen“. Der Spardruck werde durch ausbleibende Steuereinnahmen immer größer. Langfristig käme niemand an strukturellen Einsparungen vorbei. Wissenschaftssprecher Gorholt will aber am „Konzept der dezentralen Konzentration“ festhalten. Die kleinen Hochschulen sollen gleichmäßig über Brandenburg verteilt sein, schon um eine flächendeckende Beschäftigung zu gewährleisten. Worüber man reden könne, sei allenfalls eine Kooperation zwischen der Technischen Universität in Cottbus und der Fachhochschule Lausitz in Senftenberg und Cottbus.

Doch da wird Roland Sessner, Rektor der Fachhochschule Lausitz, hellhörig. Denn sollte es wirklich zur Schließung einer der Fachhochschulen kommen, könnte es die FH Lausitz treffen, ohne das Konzept der regionalen Verteilung wesentlich zu gefährden. Sessner muß zugeben, daß seine FH mit derzeit gerade 2.500 Studierenden der ursprünglichen Planung hinterherhinkt. In den Bereichen Maschinenbau und Elektro sei die Nachfrage der Studierenden zu gering. Doch das liege nicht an der FH, betont Sessner, sondern am Studierverhalten der Jugendlichen. Die ließen sich durch die derzeit schlechten Berufsaussichten vom Studium abhalten, obwohl schon in zwei bis drei Jahren ein erhöhter Nachholbedarf auf dem Arbeitsmarkt absehbar sei.

Trotzdem ist Sessner optimistisch, bis zum Jahr 2000 die erhofften 3.000 Studierenden in die Lausitz locken zu können. Die FH Lausitz verstärkte ihr Profil durch Studienangebote wie Informatik für Wirtschaftler und Mediziner. Mit Erfolg: Die Zahl der Studienanfänger im Bereich Informatik verdreifachte sich. Auch die anderen kleinen Fachhochschulen haben sich spezialisiert. In Eberswalde etwa sind Land- und Forstwirtschaft Studierende willkommen, in Wildau darf Verwaltungswesen und -recht gebüffelt werden. Das Gerede über Fusion oder Schließung sei kontraproduktiv, ärgert sich Sessner. Und unverständlich. Allein in der Lausitz wurden in den letzten Jahren 100 Millionen Mark in Laborgebäude, Mensa und Bibliotheken investiert.

Doch die Wissenschaftsverwaltung hält noch andere Sparpläne bereit. So soll die Zahl der Professuren an der Uni Potsdam auf dem derzeitigen Stand eingefroren werden. Die bisherigen Pläne sahen bis zum Jahrtausendwechsel vor, zu den jetzt 190 Professoren 70 neue Wissenschaftler einzustellen. „Die Einsparungen betreffen vor allem die Institute für Geo- und Ernährungswissenschaften“, ärgert sich Barbara Eckhardt, Sprecherin der Potsdamer Universität. Diese Bereiche sind erst im Aufbau und noch kaum mit entsprechendem Personal ausgestattet.

Noch im März hatte Wissenschaftsminister Steffen Reiche (SPD) erste Maßnahmen zur Stärkung der Hochschulautonomie angekündigt. Langfristig sollen den Hochschulen Globalhaushalte zur weitgehend eigenen Verfügung angewiesen werden. Doch die Unis sind skeptisch geworden. „Wenn die Flexibilisierung nur der Einsparung dient, ist das der falsche Weg“, kritisiert FH-Rektor Sessner. Und selbst Wissenschaftssprecher Gorholt sieht ein „taktisches Problem: Unis, die jetzt eigenständig Sparpotentiale benennen, geraten in den Griff der Finanzministerin.“