CDU vor Flügelstreit über Arbeitsmarktpolitik

■ Parteitag: Wirtschaft im Mittelpunkt, Wege aus der Arbeitslosigkeit umstritten

Neue Arbeitsplätze für Berlin, Förderung innovativer Technologien und Erschließung künftiger Absatzmärkte in den Staaten Osteuropas, darum dreht sich fast alles auf dem Parteitag der CDU, der heute im ICC stattfindet. Innerparteiliche Streitpunkte wie die Bezirksreform, die von der Parteiführung verteidigt und von Teilen der Parteibasis vehement bekämpft wird, werden daneben voraussichtlich verblassen.

Zum Thema Arbeitsplätze und Standort Berlin stehen allein drei größere Befassungen auf der Tagesordnung. Der Leitantrag des Landesvorstandes steht unter dem Motto „Umdenken in Deutschland – Innovation für Arbeitsplätze“. Der Landesvorsitzende und Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen betitelt seine Rede „Hauptstadt mit Wirtschaft und Arbeitsplätzen“, und der Antrag der „Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft“ CDA lautet „Gesellschaftsvertrag für die Vollbeschäftigung“.

Auf dem Parteitag wird bei diesem Thema vermutlich zutage treten, was in der streng hierarchisch geführten CDU sonst kaum zu sehen ist: grundsätzliche politische Differenzen. Während der Leitantrag der staatlichen Förderung innovativer Technologien und dem Umbau der lokalen Wirtschaftsstruktur hin zur „Verkehrstechnik, Multimedia und Kommunikationstechnik, Bio- und Medizintechnik, Energietechnik und Umwelttechnik“ Vorrang einräumt und dafür Steuersenkungen, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und die Einrichtung eines „Zukunftsfonds für Technologieforschung“ fordert, setzt die CDA auf einen „neuen Aufbruch für die soziale Marktwirtschaft“. Der Landesvorstand bezeichnet die Umverteilung durch Arbeitszeitverkürzung als „großen ideologischen Irrtum“. Die CDA dagegen postuliert: „Eine weitere Verkürzung der Arbeitszeit ist notwendig, wenn wir trotz fortschreitender Rationalisierung die Arbeitslosigkeit bekämpfen wollen.“ Bei der CDA findet sich ein Satz, der im Papier des Landesvorstandes nicht auftaucht: „Eigentum verpflichtet.“

Ebenfalls zu Differenzen innerhalb der Partei hatte in der Vergangenheit der Streit um den Abgeordneten Heinz-Viktor Simon gesorgt. Simon ist zugleich Mitglied des Abgeordnetenhauses und im Vorstand der städtischen Wohungsgesellschaft Gehag: nach Ansicht des Ältestenrates des Abgeordnetenhauses und von Parlamentspräsident Herwig Haase eine rechtlich umstrittene, politisch untragbare Situation. Anträge von Mitgliedern der Jungen Union nehmen den Konflikt noch einmal auf. Sie fordern darin, Simon parteischädigendes Verhalten zu bescheinigen, und fordern Simon auf, sich binnen vierzehn Tagen zwischen Mandat und Vorstandsamt zu entscheiden.

Beide Anträge haben jedoch wenig Aussicht, angenommen zu werden. Weitere Anträge befassen sich mit der Bezirks- und Parlamentsreform, der Hochschulreform und der parteiinternen Umsetzung der Frauenquote. Barbara Junge