LehrerInnen teilen Arbeit nicht

■ Auch die zweite Teilzeitkampagne unter PaukerInnen wenig erfolgreich. Nur 200 machen Platz für Junge. Rechtliche Fragen geklärt, aber die Schulaufsicht mauert

Noch hoffen alle auf den großen Ruck. Aber auch die zweite Kampagne für Teilzeitarbeit findet unter den PaukerInnen nicht genügend Resonanz, um jungen Leuten den Einstieg in den Lehrerberuf zu ermöglichen. Nach Informationen der taz haben sich bislang nur 200 der rund 34.000 LehrerInnen bereit erklärt, Arbeit und Gehalt abzugeben. Damit bleibt es 1997 dabei: Niemand wird neu eingestellt. Die Referendare wandern vom Klassenzimmer direkt zum Arbeitsamt.

Dabei waren die Chancen, unter den LehrerInnen ein Bündnis für Arbeit zu schmieden, nie so groß. In einer Vereinbarung hatten GEW und Lehrergewerkschaften auf der einen Seite sowie der Senat auf der anderen im Januar alle rechtlichen Hürden abgebaut. Vorruhestandsregelungen sichern aussteigewilligen PädagogInnen die Pension. Wer ein Drittel Arbeitszeit und Gehalt abgibt, hat Anspruch darauf, die gewonnene Freizeit in einen ganzen freien Tag umzuwandeln. Eine Umschulung bereitet arbeitslose LehrerInnen auf die Berufsschule vor – wo Lehrermangel herrscht.

Die Schulverwaltung wird endgültige Daten über die Teilzeitinitiative Mitte Mai herausgeben. Die Zwischenbilanz sieht mager aus: 200 PaukerInnen haben sich entschlossen, Job und Gehalt mit arbeitslosen KollegInnen zu teilen. Seit der ersten Teilzeitkampagne 1996 waren 2.000 Anträge solidarischer LehrerInnen eingegangen. Zum Vergleich: In Brandenburg waren 1991 beinahe alle 34.000 LehrerInnen bereit gewesen, 20 Prozent ihrer Arbeitszeit und ihres Gehalts abzugeben. Die damalige grüne Bildungsministerin Marianne Birthler brauchte so 6.500 LehrerInnen nicht zu entlassen. Allerdings drohte den PädagogInnen bei Weigerung der Rauswurf.

In der Hauptstadt ist die Lage ganz anders: Die LehrerInnen im Osten der Stadt haben kein Interesse an Teilzeit – abgesehen von mageren 2 Prozent. In ganz Berlin lehren dagegen über 20 Prozent in Teilzeit. Das sind 7.200 Teilzeiter im Vergleich zu 26.000, die das volle Pensum absolvieren. In Bezirken wie Reinickendorf, Tiergarten und Spandau arbeitet jeweils ein Drittel in Teilzeit – das ist die höchste Teilzeitquote im öffentlichen Dienst. Dagegen findet das Job-sharing in Prenzlauer Berg, Treptow oder Mitte kaum Fans.

Als Hemmschuh wird die Arbeit der Schulverwaltung angesehen: „Frau Stahmer wirbt für Teilzeit, aber von Teilen der Schulaufsicht wird sie hintertrieben“, sagte GEW-Vorsitzender Erhard Laube. Laube versuchte auf einer Personalversammlung in Schöneberg den KollegInnen klarzumachen, „daß wir ein Teil des Problems der Arbeitslosigkeit sind. Wenn sieben Millionen auf der Straße stehen, müssen wir Arbeit teilen, damit junge LehrerInnen Platz in der Schule finden.“ Von der Schulbehörde ließ sich bei der Veranstaltung niemand blicken. Aber wenn ein Teilzeitinteressierter anfragt, werde ihm im Landesschulamt oft genug verklickert, daß es mit Aufstiegschancen dann vorbei sei, hieß es.

Unter den Berliner ReferendarInnen herrscht derweil Frust. Petra L. (Name von der Redaktion geändert) lehrt noch zwei Monate – dann will sie sich im Adlon als Zimmermädchen bewerben. „Ich habe doch sowieso keine Chance“, sagte die Referendarin resigniert. Ihre Kollegin Mareike M. zweifelt an der Solidarität ihrer KollegInnen: „Die geben auch dann nichts ab, wenn sie gut verdienen. Reden tun alle, aber sobald der eigene Besitzstand in Gefahr gerät, fällt der Vorhang.“ Auf die Teilzeitoffensive von Schulsenatorin und GEW pfeifen sie, die so gern LehrerInnen wären. Damit vergreist die Lehrerschaft ungebremst. Sie ist im Durchschnitt 47 Jahre alt. Christian Füller