■ Bündnisgrüne: Unklare Positionen zum Euro und zur Nato
: Profillosigkeit als Programm?

Wer die Haltung der Bündnisgrünen zu den beiden derzeit wichtigsten außenpolitischen Konfliktfeldern abfragt, wird mit Radio-Eriwan-Auskünften abgespeist: Bist du für die Osterweiterung der Nato? Im Prinzip nein, aber... Bist du für die Währungsunion? Im Prinzip ja, aber... Die Antwort ist in beiden Fällen ein vielstimmiger Chor sich teilweise widersprechender Positionen. Wohlmeinende Ohren hören daraus das hohe Lied der Diskursfähigkeit erklingen. Wer von den Bündnisgrünen einmal regiert werden möchte, der darf allerdings eindeutigere Töne erwarten.

Sowohl Nato-Osterweiterung als auch Währungsunion verlangen den Bündnisgrünen die grundsätzliche Entscheidung ab, ob sie einen schlechten, nicht von ihnen gestalteten Ordnungsrahmen akzeptieren, um auf dieser Grundlage in den politischen Prozeß zu intervenieren, oder nicht. In beiden Fällen schiebt die Partei diese Entscheidung vor sich her, um das frisch übertünchte Bild der inneren Zerrissenheit nicht wieder zum Vorschein kommen zu lassen. In beiden Fällen zahlt die Partei dafür den Preis der Profillosigkeit.

Bei der Osterweiterung der Nato können die Bündnis 90/Die Grünen noch auf das allen gemeinsame Ziel einer Sicherheitspartnerschaft verweisen und darüber streiten, ob zu diesem Zweck die Fahne der OSZE hochgehalten werden muß oder dereinst die Fahne der Nato in den Farben der OSZE übermalt werden kann. Spätestens mit dem Beitritt der ersten Staaten wird dieser Streit hinfällig werden.

Auch können die Bündnisgrünen weiterhin die von allen geteilte Skepsis am Prozeß der europäischen Integration vor sich her tragen. Doch früher, als sie selbst es wollen, wird eine klare Positionierung zum Euro von ihnen gefordert werden. Denn die Auseinandersetzung über die Weichheit der Kriterien und damit die Ausdehnung der Integration hat bereits begonnen, sie wird mit den französischen Wahlen und der Debatte um Italiens Beitritt forciert werden. Und die Haltung zum Euro wird zu einem zentralen Prüfstein für mögliche Regierungsbeteiligungen werden. Wenn die PDS einen Volksentscheid gegen den Euro anstrebt, ist von den Bündnisgrünen mehr gefordert als Bedenkenträgerschaft. Die Bündnisgrünen haben am Wochenende beschlossen keinen rot-grünen, sondern einen grünen Wahlkampf zu machen. Dann müssen sie sich auch auf den Feldern als regierungstauglich erweisen, die sie früher den Sozialdemokraten überlassen haben. Dieter Rulff