Kinder als Kostenfaktor

Hamburg will weniger unbegleitete Flüchtlingskinder aufnehmen  ■ Von Elke Spanner

Wenn man Flüchtlinge nicht als Menschen begreift, sondern vor allem als Belastung des öffentlichen Haushaltes, dann erklärt sich einiges. Zum Beispiel ein Antrag, den die Stadt Hamburg Mitte März an den Bundesrat gestellt hat: Darin will Hamburg durchsetzen, daß minderjährige, unbegleitete Flüchtlingskinder keinen Einfluß auf ihren Aufenthaltsort in Deutschland haben sollen.

Wie erwachsene Asylsuchende sollen dann auch unbegleitete Kinder und Jugendliche (bis 16 Jahre) nach Quoten über das Bundesgebiet verteilt werden. Bislang können diese Flüchtlinge in der Stadt bleiben, in der sie deutschen Boden betreten haben. Das sind, wegen der Flughäfen, vor allem Berlin, Frankfurt/Main und Hamburg. In Hamburg leben deswegen im Bundesvergleich überdurchschnittlich viele Flüchtlingskinder, nämlich rund 2100.

Diese Regelung will die Innenbehörde nun ändern. Begründung im Antrag an den Bundesrat: Der Verbleib am Ankunftsort „fördert den Aufbau und die Verfestigung krimineller Strukturen und den gezielten, planmäßigen Einsatz von Minderjährigen – etwa in der Drogenszene von Großstädten – zur Begehung von Straftaten“. Der Weg, das zu unterbinden: Es dürfe keine Sicherheit mehr über den Aufenthaltsort der Kinder geben.

Genau dieses Argument, daß Kinder als Drogenhändler eingesetzt würden, hatte schon zur Begründung der neuen Visums- und Aufenthaltsgenehmigungspflicht herhalten müssen. Während aber darüber die Bürgerschaft heftig gestritten hatte, fiel über die Umverteilung der Kinder kein Wort.

„Das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun“, behauptet der Referent des Innensenators, Wolfgang Brand. Im Antrag an den Bundesrat allerdings steht: „Neben der Einführung der Visums- und Aufenthaltsgenehmigungs-pflicht (...) sind auch Regelungen über die Zuwanderungssteue-rung nach der Einreise erforderlich.“

Der Antrag an den Bundesrat ist nicht der erste Vorstoß Hamburgs, weniger Flüchtlingskinder aufnehmen zu müssen. Die Kosten für die Unterbringung und Betreuung der Kids seien rund dreimal so hoch wie die bei Erwachsenen, rechnete der Senat schon 1994 der Konferenz der Innenminster von Bund und Ländern (IMK) vor. Die IMK beschloß deshalb im Mai 1994, die Modalitäten zu prüfen.

Kurz darauf befürwortete auch die Jugendministerkonferenz (JMK) die Umverteilung unbegleiteter, minderjähriger Flüchtlinge. Begründung: Das sei für die Kinder und Jugendlichen besser so. „Müßten nur weniger Flüchtlinge versorgt werden, könnte man das qualitativ besser tun“, erklärt Jürgen Treude vom Amt für Jugend.

Hamburg fährt nun zweigleisig: Parallel zu dem Versuch, eine Umverteilung über die Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes durchzusetzen, strebt die Stadt an, zumindest einen Finanzausgleich durch die anderen Länder zu erlangen. Für die Jugendbetreuung ist das bereits im Jugendhilfegesetz vorgesehen. Dennoch fließe das Geld nicht, sagt Treude. Er sitzt für die Stadt Hamburg in der Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesjugendämter, die vergangene Woche in Norderstedt zum Thema tagte. Dort wurde die Einrichtung einer Arbeitsgruppe beschlossen, die Änderungsvorschläge erarbeiten und der nächsten Jugendministerkonferenz im Juni vorlegen soll.