Kabila erlaubt die Suche nach den Flüchtlingen

■ Binnen 60 Tagen sollen die Ruander in ihre Heimat zurückgebracht werden

Nairobi (taz) – Der Rebellenführer Laurent Kabila hat dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR eine Frist von 60 Tagen gegeben, um die ruandischen Hutu-Flüchtlinge, die südlich der Stadt Kisangani verschwunden sind, in ihre Heimat zurückzubringen. Wohl wegen des internationalen Drucks stimmte Kabilas AFDL der Repatriierung zu und erteilte alle nötigen Bewilligungen, damit sich das UNHCR auf die Suche nach den vermißten Flüchtlingen machen kann.

„Das dauert schon viel zulange, und wenn die Repatriierung innerhalb dieser Frist nicht beendet ist, werden wir sie selbst organisieren“, sagte Kabila am Sonntag in Kisangani. UNHCR-Sprecher Peter Kessler sagte hingegen zur taz, die Frist sei sehr kurz bemessen, immerhin müsse man die Flüchtlinge erst einmal finden und dann den Transport durch den Urwald organisieren.

Kabila hat auch einer unabhängigen Untersuchungskommission zugestimmt, die die Vorfälle in den Lagern von Kases und Biaro untersuchen soll. Er betonte aber, daß die Mitglieder des Teams von allen Seiten akzeptiert werden müßten. Rund 50 Ruander, die in der Zwischenzeit in Kisangani eingetroffen sind, berichteten, die Lager seien von Soldaten umstellt und dann von Einheimischen mit Äxten und Macheten angegriffen worden, es habe viele Tote gegeben. Bauern aus der Region behaupteten hingegen, die Rebellen hätten die Lager angegriffen.

Gleichzeitig verstärken sich die internationalen Bemühungen, ein Gipfeltreffen zwischen Präsident Mobutu und Rebellenchef Kabila zustande zu bringen. Strittig ist noch der Ort: Mobutu schlägt Libreville vor, die Hauptstadt Gabuns, wo sein Freund Omar Bongo Präsident ist; Kabila zieht Lusaka vor, die Hauptstadt Sambias, das die Rebellen unterstützt.

Mit dem Verwirrspiel um den Verbleib der ruandischen Flüchtlinge in Zaire hat das Image der Allianz schwere Schlagseite bekommen. Es erscheinen immer mehr Berichte von Hilfsorganisationen, welche den Rebellen massivste Menschenrechtsverletzungen vorwerfen: Unicef berichtet, am letzten Samstag seien rund 50 Kinder von uniformierten und bewaffneten Männern aus einem „Feeding- Centre“ nördlich von Bukavu entführt worden, über den Verbleib der Kinder ist nichts bekannt. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen sagt, im Gebiet südlich von Bukavu würden männliche Ruander systematisch umgebracht, und die lokale Bevölkerung werde gezwungen, die Leichen zu beseitigen. Ein Bericht des Sondergesandten des UNO-Kommissariats für Menschenrechte rapportiert ähnliche Vorfälle im Gebiet westlich von Bukavu.

Die Allianz ihrerseits weist solche Vorwürfe weit von sich. Die ganze Misere lastet sie – nicht ganz zu Unrecht – dem UNHCR an, das ineffizient und unentschlossen sei. Die Ursache der Krise sieht die AFDL darin, daß die ruandischen Flüchtlinge noch immer fest im Griff ihrer bewaffneten Führer stünden, der Milizionäre und Anführer des Völkermordes von 1994, die auch die zairische Bevölkerung terrorisierten.

Es ist die erste große Bewährungsprobe für Laurent Kabila und seine Allianz. Für Kabila ist wohl nach wie vor der Sturz Mobutus oberste Priorität, auch wenn die ruandischen Extremisten, die Flüchtlinge als menschlichen Schutzschild vor sich herschieben, ein Sicherheitsproblem darstellen. Er wird jetzt beweisen müssen, daß er der unabhängige Führer der AFDL ist, der Entscheidungen treffen kann, die nicht erst von gewissen Stellen in Ruanda abgesegnet werden. Für diese Stellen, deren Kurs nicht unbedingt von der gesamten ruandischen Regierung getragen wird, bleibt die Liquidierung der bewaffneten Ruander in Zaire die oberste Priorität. Andrea König

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