„Was weg ist, ist weg“

■ Von wegen Frieden auf St. Pauli: BesetzerInnen des Hafenkrankenhauses erklären im taz-Interview, was sie wirklich planen, und kündigen Widerstand an

Die vom Senat beschlossene Schließung des Hafenkrankenhauses wollen einzelne Gruppen in der UnterstützerInnenszene nicht hinnehmen. Die wiedereröffnete Ambulanz reicht ihnen nicht aus. taz hamburg sprach mit zwei der BesetzerInnen der Station D, die sich jetzt NutzerInnen nennen. Sie baten um Nicht-Nennung des vollen Namens und legten keinen Wert auf ein Foto.

taz: Was tut sich nach Abschluß des Mietvertrages, den die Stadtentwicklungsgesellschaft STEG für Sie mit dem Krankenhausträger LBK geschlossen hat, auf der ehemals besetzten Station D?

Axel T.: In den Medien ist der Eindruck entstanden, daß der Protest gegen die Schließung des Hafenkrankenhauses beendet und die BesetzerInnen nach Hause gegangen seien. Das ist natürlich falsch. Wir bleiben auf Station D, und wir setzen uns weiterhin für die Wiedereröffnung der Traditionsklinik ein.

Worin besteht Ihre Funktion?

Axel T.: Wir sehen uns als Anlaufstelle, um verschiedene Gruppen zu koordinieren. Die Auseinandersetzung um das Hafenkrankenhaus ist kein Lokalderby. Sie birgt die Chance, ein Zeichen gegen Arbeitsplatzvernichtung, Sozialabbau und eine verschlechterte Gesundheitsversorgung zu setzen.

Was haben Sie mit der Besetzung und dem Verhandlungspoker hinter den Kulissen bisher erreicht?

Axel T.: Als erster Teilerfolg wurde die Notfallambulanz nach zähen Gesprächsrunden mit einer besseren Ausstattung als ursprünglich angedacht am alten Standort wiedereröffnet. Entgegen den Plänen des Senats findet auf dem Gelände jetzt wieder eine medizinische Versorgung statt. Diese reicht jedoch für St.Pauli nicht aus.

Wo liegen die Engpässe?

Ute Z.: Es fehlen ein Operationsbereich und eine Intensivstation, um auch Schwerverletzte stationär aufnehmen zu können. Auch die Bettenkapazität muß ausgebaut werden.

Was passiert mit der alternativen Besetzer-Ambulanz?

Axel T.: Wir werden sehr genau beobachten, ob in der Notfallambulanz wie früher auch PatientInnen ohne Krankenversicherungskarte behandelt werden. Alle, die abgewiesen werden, können sich bei uns melden. Wir behalten uns vor, die abendliche Besetzerambulanz auf Station D im Bedarfsfalle wiederzueröffnen.

Wie sehen Ihre Konzepte für die Zukunft aus?

Ute Z.: Wir haben auf der Station ein Büro für die Projektgruppe „Krankenhaus“eröffnet. Sie wird zur Entwicklung des Gesundheitszentrums Hafenkrankenhaus und an einer Bedarfsanalyse arbeiten. In welcher Form dabei externer Sachverstand herangezogen werden soll, ist noch unklar.

Ist der Begriff „Gesundheitszentrum“als Ansammlung von Projekten mißverstanden worden?

Ute Z.: Tatsächlich geht es um eine Klinik in verbesserter Form, die sich für einen Austausch mit verschiedenen Projekten beispielsweise aus der Altenpflege öffnet. Damit pflegebedürftige PatientInnen bereits am Krankenbett ihre zukünftigen AltenpflegerInnen kennenlernen und andersherum die KrankenpflegerInnen ihre PatientInnen nach der Entlassung zu Hause besuchen können.

Das Moratorium des Forums St. Pauli sieht vor , daß bis zum 7. Mai kein Inventar abtransportiert wird.

Ute Z.: In den Verhandlungen mit dem Krankenhausträger um die Anmietung der Station D war der Zugriff auf die Geräte der entscheidende Punkt. Wir rechnen ab dem 8. Mai damit, daß Material ausgeräumt und auf andere Kliniken verteilt oder verkauft wird. Das wollen wir verhindern, damit keine Tatsachen geschaffen werden. Egal, ob es sich um Geschirr, Beatmungsgeräte oder die EDV-Anlage handelt: Was weg ist, ist weg.

Welche Folgen hätte das?

Axel T.: Später wäre eine Wiedereröffnung des Hafenkrankenhauses nur mit enormem finanziellen Aufwand zu bewerkstelligen. Und woher sollen die Millionenbeträge dafür kommen?

Ute Z.: Wir fordern eine Verlängerung des Moratoriums, bis die Bedarfsanalyse und ein konkretes Verhandlungsergebnis vorliegen. Gleichzeitig beginnen wir mit der Mobilisierung für den Tag X, an dem Leute am Krankenhauseingang die Zufahrt für die Laster des LBK blockieren werden. Dazu findet am kommenden Dienstag eine Veranstaltung statt, über die Station D unter Telefon 31102-663 informiert. Fragen Lisa Schönemann