■ EU-Außenminister normalisieren Beziehungen zum Iran
: EU will lieber Handel statt handeln

Drei Wochen beträgt die Verfallszeit der politischen Moral auf dem europäischen Markt. Dann wird aus ihren vergorenen Resten jenes Mark gepreßt, aus dem sich das Rückrat gestandener Außenpolitiker bildet. Drei Wochen ist es her, daß der deutschen Außenminister Klaus Kinkel in der Beteiligung der iranischen Staatsführung am „Mykonos“-Attentat eine „massive Völkerrechtsverletzung“ erkannte. Drei Wochen ist es her, daß die Europäer ihre Botschafter abzogen, vom Iran eine Änderung seiner Haltung verlangten und eine Neubewertung der Beziehungen ankündigten.

Drei Wochen – und die europäischen Außenminister sind wieder bei der alten Bewertung. Was ist geschehen? Ist das Völkerrecht nicht mehr verletzt? Wohl kaum. Die Drahtzieher der Morde sitzen immer noch in der iranischen Staatsführung. Die Generalbundesanwaltschaft prüft weiterhin die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens.

Hat die iranische Staatsführung ihre Haltung geändert? Nein. Kein Zeichen der Abkehr. Rushdie wird weiterhin verfolgt, Sarkuhi sitzt weiterhin in Haft. Ein Jurist würde urteilen, den Tätern von Teheran mangele es an Unrechtsbewußtsein. Wird die iranische Staatsführung ihre Haltung ändern? Ja. Sie hat angekündigt, sich neue Handelspartner zu suchen, sollten die Europäer ihre Haltung verschärfen.

Das sind endlich mal wieder klare Worte in den europäisch-iranischen Beziehungen, die werden sofort verstanden. Die Außenminister in Luxemburg haben sich denn auch um Entschärfung bemüht. Wirtschaftssanktionen? War nie die Rede von. Geht wohl auch nicht, denn auf dem iranischen Bazar mahlt immer der zuerst, der zuerst kommt. Und so einheitlich die europäische Haltung in den letzten drei Wochen, so groß war das gegenseitige Mißtrauen. Der „kritische Dialog“ soll ausgesetzt werden. Na und. Wozu reden, wenn man außenhandeln kann. Zudem, irgendwann, da war sich Kinkel schon vor drei Wochen sicher, werde man wieder miteinander ins Gespräch kommen. Da paßt es doch, daß Irans Geheimdienstminister Ali Fallahian nun an einen gemeinsamen Gesprächsfaden erinnerte: „Die Nachrichtendienste Irans und Deutschlands haben auf dem Gebiet des Terrorismus sehr effektiv zusammengearbeitet, und diese Zusammenarbeit hatte gute Ergebnisse.“ Es fragt sich nur, wann auch dieser Faden wieder aufgenommen wird. Dieter Rulff