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Jurnalisten

Tschuldigung, daß ich immer wieder auffe Kultur oder sogar Literatur komm, das ist beinah schon sonne Macke von mir. Aber als Kioskbetreiber steht man sozusagen automatisch anne Literaturfront. Nu hat aber de Literatur nicht bloß was mit Bücher oder Zeitschriften zu tun. Nee, de Hauptsache dabei sind de sogenannte VERFASSER. Zun Beispiel de Jurnalisten. Und dazu gehörn nicht bloß de Schereiber von Bild oder vonne wissenschaftliche Horoskope oder Herr Wickert von Fernsehn, der bei alle seine Sendung' so aussieht, als wenn er eingeschnappt ist, daß man ihn immer noch nicht zun Bundespräsident gemacht hat. Nee, auch de SCHRIFTSTELLER gehörn dazu. Und was de Schriftsteller vonne Jurnalisten unterscheidet: Die ein bring Tatsachen und die annern Fäiks, diese ausgedachte Knüller, wie zun Beispiel de Hitler-Tagebücher oder de Story, daß Herr Schröder Kanzler werden will oder daß Fleisch ausse deutsche Tierhaltung gesund ist. De wichtigste Gruppe vonne Schreiber aber sind natürlich de DICHTER! Was Dichter nu genau sind? Na, erstmal sind das Tüpen, die kaputt sind und die man das auch ansieht. Das ist nämlich ihr Immätsch. Damit man se bloß nicht mitte Spießer verwechselt. Außerdem leben se vonne Soziknete und leiden anne Menschheit. Damit man se aber vonne normale Penner unterscheidet, habn se nu noch SPEZIELLE Kennzeichen. „Früher, so in den zwanziger Jahren“, sagt Studienrat Arnold, der sich auf diesen Sektor unheimlich auskennt, „waren die meisten Autoren Alkoholiker: Grabbe, Poe, Fallada, Bukowski, die irischen Autoren fast ohne Ausnahme.“„Die Dichterinnen“, meint Junglürikerin Nele Hütlein, die das ja wissen muß, „haben allerdings Zigaretten aus langen Spitzen geraucht.“„Mittlerweile ist die Literaturszene viel pluralistischer geworden“, sinniert Revierförster Noske, „das fing damit an, daß Huxley und Stevenson Mescalin nahmen, weil sie empfindliche Mägen hatten und Alkohol nicht so gut vertrugen.“„Richtig“, nickt Jungunternehmer Aschler, der sich grade de neueste Capital holt, „und heute gibt es eine bunte Vielfalt: Günter Grass raucht geschredderte Dachpappe, Schwitzi Wecker nimmt selbstgebackenen Crack, Handke putscht sich mit Kamillentee auf...“„Aber“, hebt Studienrat Arnold sein Zeigefinger, „neuerdings ist wieder eine Alkohol-Renaissance festzustellen.“„Das ist an dem!“ruft Sonnenbank-Heinzi, der bei seine Joggerei immer an mein– Kiosk Stazion macht. Heinzi intressiert sich inne letzte Zeit auffällig für Literatur. Und das laufen so Gerüchte rum, daß er auf –ne arbeitslose Bibliotekarin abgefahrn ist. „Ich hab neulich mal so eine Literatur-Session gesehen“, berichtet Heinzi, „da waren nur Dichter zugelassen, die bei ihrer Lesung mindestens sechs Sixpacks leergemacht haben: Zuerst hab ich gedacht, die Show wird von der Bavaria-Brauerei gesponsert, aber der Event war dann doch zu unappetitlich, weil zwei Lyriker sich auf beziehungsweise über ihre Texte ... haben sie sich übergeben.“„Den Effekt lösen DIESE Texte sicher auch bei Lesern mit nüchternem Magen aus“, grient Studienrat Arnold. Jungunternehmer Aschler aber wird ganz nachdenklich: „Trotzdem, saufende Dichter haben was. Weil die Zuhörer denken: ,Nach jedem Bier sinkt die Hemmschwelle, und der Autor bringt dann so provozierende Texte, wie er sie nüchtern nie vortragen würde ... oder der Rausch legt das Genie frei ...'“„War es denn so?“will Studienrat Arnold wissen. Und Heinzi: „Weiß nicht, war ja auch nichts zu verstehen, weil alle so undeutlich gesprochen haben.“

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