Starker Mann und guter Onkel

Türsteher und Security-Leute mit schußsicherer Weste checken Kids nach Waffen auf HipHop-Partys im BKA-Zelt. Jedoch keine krassen Funde  ■ Von Nathalie Daiber

Die Hände müssen die Jugendlichen schon am Eingang heben. Ihre Jacken und Hosen werden abgetastet, die Taschen geöffnet. Nur Metalldetektoren gibt es keine. „Die Durchsuchungen sind freiwillig, wer nicht will, muß nicht“, sagt Peter Jäger, Chef der Espia-Security Service GmbH. Wer nicht will, kommt aber auch nicht rein. „Dann machen wir von unserem Hausrecht Gebrauch.“

An diesem Freitag abend ist wie jede Woche „Bootknockers Night“ im BKA-Zelt am Kulturforum in Tiergarten. HipHop, Funk und Soul-Musik gibt es zu hören. Keine reine HipHop-Party. Bloß nicht. „Bei solchen Partys kommt es immer wieder zu Schlägereien. Wir werben für die Party nur noch in den Zeitungen, nicht mehr im Radio“, beschreibt Dirk Wirtmann vom BKA die Vorsichtsmaßnahmen. Er weiß genau, wo die „gewalttätigen HipHopper“ zu finden sind: in Neukölln, Reinickendorf und Wedding. Schlechte Erfahrungen habe das BKA zur Genüge: „Wir hatten drei Cliquen hier, eine deutsche, eine türkische und eine arabische, die haben sich regelmäßig geschlagen.“

Nach Schlägereien sieht es im Zelt jedoch nicht aus. Gekonnt tanzen die 16- bis 19jährigen Jugendlichen im HipHop-Stil.

Mit einem neuem Konzept und neuen Sicherheitsleuten ist das BKA-Zelt angetreten. „Wir lassen immer nur die Hälfte einer Clique rein“, so Peter Jäger. Und natürlich suchen sie nach Waffen – offenbar ohne allzu dramatische Funde: In dem kleinen Plastikeimer finden sich lediglich eine Cola- und eine Seltersflasche, Eddings, ein Schweizer Taschenmesser und eine seltsame goldene Plastikpistole – ohne Munition. „Ob das eine Wasserpistole ist?“ rätselt Susanne, eine der vier TürsteherInnen, und wirft die spacig anmutende Waffe wieder in den Eimer.

Susanne ist freundlich, Uwe auch. „Für den rüden Ton sind die beiden am Eingang zuständig“, sagt Uwe und zeigt nach vorn. Direkt am Tor werden die Kids von zwei bulligen Typen mit breiten Schultern unter Bomberjacken in Empfang genommen. Der erste Check. Dann erst kommen die Durchsuchungen von Susanne und Uwe kurz vor der Kasse. „Ich habe zehn Jahr in einem Heavy-Metal- Laden gearbeitet, dagegen ist das hier ruhig“, sagt Uwe gelassen.

Prinzipiell abgewiesen wird kein Partygast – eine Kleiderordnung gibt es nicht. Einige Jugendliche haben allerdings Hausverbot, zum Beispiel weil sie es mit dem Alkohol übertrieben oder sich mit „tags“ an der Klowand verewigt haben. Auch Jungs, die Mädchen unangenehm anmachen, brauchen sich vorerst nicht mehr blicken zu lassen. „Das Hausverbot gilt aber nur für zwei, drei Wochen als Erziehungsmaßnahme, denn wir wollen ja, daß der Laden voll wird“, sagt Peter Jäger. Er ist der „gute Onkel“. „Ich habe viel Kontakt zu den Jugendlichen. Das ist auch Sozialarbeit. Die meiste Zeit rede ich einfach nur und passe auf, daß sie nicht zuviel trinken.“ Das Stammpublikum, immerhin 80 Prozent der BesucherInnen, verpfeife auch mal einen Übeltäter. Die siebzehnjährige Freundin Anja findet die Kontrollen okay, „wenn es Schlägereien verhindert“. Sie versteht nur nicht, warum sie auch ihre Parfümflasche in den Plastikeimer legen muß.

Die Rollenaufteilung zwischen den Sicherheitsleuten ist perfekt. Die beiden vom Eingang sind die „Bösen“. Und da ist der Ton den Gesichtern entsprechend. „Weg da!“ heißt es rüde, als ein Junge hinter dem Rücken der Türsteher einem Freund Feuer geben will. Die Botschaft ist angekommen. Eingeschüchtert guckt der Junge unter seinem schräg aufgesetzten Basecap nach oben. Der Mann ist doppelt so groß.

Den Kids im Zelt verdirbt der Empfangston nicht die Stimmung. Es darf jeder mal auf der Bühne seine Tanzkünste zeigen. Wenn eine Drehung auf dem Rücken mit verschränkten Beinen nicht klappt, darf der Tänzer es noch mal probieren.

Ernster zu nehmen als die Vorfälle im BKA sind die Überfälle auf verschiedene Clubs in den vergangenen Monaten.

Von Bewaffneten und Maskierten wurden im 90 Grad, im WTF und im Fischlabor die Abendkassen geraubt. Alles deutet darauf hin, daß Profis am Werk waren. „Ich weiß nicht, wie wir in einem solchen Fall reagieren würden“, sagt Peter Jäger. Plötzlich ist nichts mehr zu spüren von seiner väterlichen Selbstsicherheit. Keiner will für die Tageseinnahmen sein Leben riskieren, so weit geht Peter Jägers „Sucht nach Adrenalin“ dann doch nicht. An der Kasse des BKA seien Vorkehrungen getroffen worden, und alle haben Handys, „damit wir die Polizei rufen können“. Zu guter Letzt knöpft er langsam sein Hemd auf. Sicher ist sicher: Der „gute Onkel“ vom Sicherheitsdienst trägt eine schußsichere Weste. Nathalie Daiber