Berlin reicht Neofaschisten die Hand

■ Gianfranco Fini, Chef der extrem rechten Alleanza Nazionale, wird von Parlamentspräsident und Innensenator zu Meinungsaustausch empfangen. Bündnisgrüne: Gebt dem Neofaschisten kein Forum!

Zwei Berliner Spitzenpolitiker werden am 14. Mai einen der bekanntesten Neofaschisten Europas empfangen, den Vorsitzenden der italienischen Alleanza Nazionale, Gianfranco Fini. Der Präsident des Abgeordnetenhauses, Herwig Haase (CDU), will mit Fini „einen Meinungsaustausch“ führen. Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) wird mit dem Neofaschisten in Nadelstreifen über die Effizienz der Verwaltung in Großstädten sprechen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Haase aufgefordert, „den Empfang von Herrn Fini abzusagen“. Der Parlamentspräsident sagte der taz, er werde an dem Besuch festhalten.

Haase erklärte, er wolle wissen, „wie sich die Alleanza Nazionale selbst versteht“. Die Alleanza ist mit großer Geste Anfang 1995 aus der neofaschistischen Movimento Sociale Italiano hervorgegangen: Sie trennte sich propagandistisch von den Mussolini-Traditionalisten und bezeichnet sich seitdem als „postfaschistische Rechtspartei“. Der 45jährige Gianfranco Fini gilt als einer der professionellsten und medienwirksamsten Politiker Italiens. Seine Alleanza ist mittlerweile mit 15,7 Prozent die drittstärkste italienische Partei.

Fini sei „bekannt für seine extrem antidemokratische und europafeindliche Politik“, schreibt der Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen, Wolfgang Wieland, in einem Brief an Parlamentspräsident Haase. Es sei „ein unerträglicher Vorgang, daß dem wichtigsten Repräsentanten des italienischen Neofaschismus ein Auftritt im Abgeordnetenhaus von Berlin ermöglicht wird“. Haase sagte gegenüber der taz, das Treffen sei mit den Vizepräsidenten abgesprochen. Er werde aber allein mit Gianfranco Fini sprechen.

Finis Auftritt in Berlin ist offenbar vom italienischen Generalkonsul Paolo Faiola vorbereitet worden. Die Büros von Haase und von Innensenator Schönbohm teilten mit, der Generalkonsul habe „um ein Treffen mit Fini nachgesucht“. Fini ist Mitglied des italienischen und des Europaparlaments. Von daher sei gegen eine Begegnung nichts einzuwenden.

Der Politische Club in der Europäischen Akademie Berlin hat sich entschlossen, dem Gedankenaustausch hinter verschlossenen Türen eine fachöffentliche Diskussion entgegenzusetzen. Fini wird in der Akademie im Grunewald über die „außen- und europapolitischen Vorstellungen der politischen Rechten“ sprechen. Anschließend ist eine Diskussion mit Diplomaten, Wissenschaftlern und Journalisten geplant. Die Europäische Akademie, ein vom Senat mitfinanziertes Institut für den internationalen Austausch, hat dazu rund 400 Personen eingeladen.

„Wir machen hier keinen Feldgottesdienst, zu dem die Rechten kommen“, erläuterte der Leiter der Akademie, Eckart Stratenschulte. Innerhalb der Akademie mache sich niemand „Illusionen über Herrn Fini“. Es gehe aber darum, „seine Positionen kennenzulernen und zu hinterfragen“.

Der bündnisgrüne Abgeordnete Hartwig Berger hat an die Akademie die dringende Bitte gerichtet, „Herrn Fini kein öffentliches Forum in Berlin zu geben.“ Stratenschulte antwortete, die Akademie habe Fini nicht eingeladen. Erst nach Bekanntwerden der Auftritte des Politikers der extremen Rechten bei Schönbohm und Haase habe sich die Akademie entschlossen, mit Fini öffentlich zu diskutieren. Christian Füller