Costa Rica – do it yourself

■ Gute Naturbeschreibungen – mangelnder Überblick

Es mag nach Korinthenkackerei klingen: Aber wenn ich einen Reiseführer über ein x-beliebiges Land in die Hand nehme, will ich gemeinhin erst mal wissen, wie groß dieses Land ist und wie viele Leute darin leben. Dazu einige Fakten zur Sozialstruktur, zu Wirtschaft und Politik, zu Kultur, Flora und Fauna und zu dem, was der gute alte Polyglott so anheimelnd „Land und Leute“ nennt. Grunddaten nennt man das, und ein vernünftiger Reiseführer verabreicht mir das entweder vorne in einem Kasten, oder er legt das Inhaltsverzeichnis (und die Texte) so an, daß ich schnell finde, was ich will.

Fakten bringt der gerade erschienene Reiseführer „Costa Rica“ von Jochen Fuchs durchaus, aber um sie zu finden, muß der Leser wie ein Wilder in der „kleinen Landeskunde“ hin und her blättern. Da erfahre ich zwar auf Seite 30 nebenbei, daß in dem mittelamerikanischen Land 640.000 Einwohner menschenunwürdig untergebracht sind, aber um diese Information einordnen zu können, muß ich mich weiter quälen, bis ich dann auf Seite 34 (komischerweise im Kapitel über das Bildungswesen) ganz beiläufig mitgeteilt bekomme, daß Costa Rica „nicht mal 3 Millionen Einwohner“ zählt.

Auch die Maßstäbe der Landkarten sind nicht angegeben. Der Führer richtet sich vor allem an Naturfreunde, die sollen die Entfernungen des Landes bei ihren Wanderungen offenbar selbst herausbekommen. Und denen müssen auch die popligen Stadtpläne genügen.

Läßt man die Unordnung und Willkür bei den Daten beiseite, hat Fuchsens Führer durchaus seine Qualitäten. Die liegen vor allem darin, daß er einen umfassenden Überblick über die Nationalparks Costa Ricas gibt. Fast wie ein Kindergärtner nimmt Fuchs Naturfreund und -freundin bei der Hand und führt sie gewissermaßen Schritt für Schritt durch mehr als 20 dieser großteils erst in den letzten Jahren entstandenen Parks und Reservate. Ob die von Quäkern betriebene Käsefabrik in Monteverde, die Schlammgeysire von Rincon de la Vieja oder die Schildkröten von Tortuguero, kein schönes Eckchen ist dem Autor zu abgelegen, als daß er es nicht in seine Wanderungen einbezieht. Und weil er in einem lesenswerten Abschnitt über den „turismo verde“ auch allerlei Kritisches zur Zerstörung der Natur im „ökologische Musterländle“ Costa Rica zusammengetragen hat, verwendet er viel Mühe auf die Routenbeschreibung und Reiseform: ein Appell, die Natur der „Schweiz Mittelamerikas“ mit öffentlichen Verkehrsmitteln und zu Fuß zu besuchen und keinen landesuntypischen Unterbringungsstandard zu fordern. Gut so.

Fazit: Über Politik, Geschichte, Land und Leute Costa Ricas erfährt man in diesem Führer zu wenig, die Lücke klafft weiter. Wer die Natur dieses Landes kennenlernen will, findet auf dem deutschen Buchmarkt derzeit wohl nichts Besseres. Thomas Pampuch

Jochen Fuchs: „Costa Rica“ – Natur in Zentralamerika, Schelzky & Jeep, Berlin 1997, 257 Seiten, 39,80 DM