Charta für Spielzeughersteller

Die Eine-Welt-Läden fordern an ihrem „Weltladentag“ bessere Arbeitsbedingungen für die ProduzentInnen von Spielzeug  ■ Von Hugh Williamson

Köln (taz) – Für die Angestellten und freiwilligen MitarbeiterInnen der rund 400 Dritte-Welt-Läden in ganz Deutschland ist der heutige Samstag ein Tag voller Spiel und Spaß – doch mit einer ernsten Botschaft. Der 2. Europäische Weltladentag steht in diesem Jahr unter dem Motto: „Made in Dignity – Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern“. Die deutschen Weltläden haben die Spielzeugindustrie in den Mittelpunkt gerückt: Die beiden größten Spiele-Ladenketten, Toys'R'Us und Vedes, sollen sich verpflichten, die Arbeitsbedingungen, unter denen ihre Waren hergestellt werden, zu verbessern. Diese beiden Ketten kontrollieren zusammen 40 Prozent des deutschen Spielzeugmarkts.

Die KundInnen der Weltläden sollen nun Postkarten an die Spielläden schicken und sie darin zur Verabschiedung interner Verhaltenskodizes auffordern. Solche sogenannten Codes of Conduct sollen auch für die Zulieferfirmen gelten. Diesen Subunternehmern, vor allem in Asien, wird vorgeworfen, unter entsetzlichen Arbeitsbedingungen Löhne weit unterhalb der Armutsgrenze zu zahlen (siehe Kasten).

Markus Fieauff, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Dritte-Welt- Läden, begründet die Aktion der Weltläden – viele werden am Sonntag Spiele für Kinder organisieren – so: „Wir wollen den Verbrauchern helfen, sich bewußt zu machen, unter welch schlechten Bedingungen das Spielzeug ihrer Kinder oft gemacht wird.“ Ziel sei dabei nicht etwa ein Boykott von Spielzeug made in Asia. Vielmehr sollen die KundInnen dazu gebracht werden, in diesem speziellen Marktsegment Druck auszuüben. Denn gerade bei Kinderspielzeug seien die Unternehmen sehr bedacht auf ihr gutes Image.

Die Weltläden fordern einen elf Punkte umfassenden Verhaltenskodex für die Spielzeugindustrie unter dem Titel „Charta für sichere Arbeitsbedingungen in der Spielzeugindustrie“. Diese haben sie zusammen mit Gewerkschaften und Menschenrechtsgruppen in Hongkong erstellt, wo viele Spielzeughersteller ihren Sitz haben. Die Charta beinhaltet Mindeststandards für die Arbeitssicherheit in den Fabriken, einen Achtstundentag und eine Sechstagewoche. Sie schließt Kinder- und Zwangsarbeit aus und soll ArbeiterInnen das Recht garantieren, sich gewerkschaftlich zu organisieren.

Solche Verhaltensregeln sind nach wie vor umstritten, doch in mehreren Industriezweigen bereits Praxis – etwa in der Bekleidungs-, Schuh- und Sportwarenindustrie. Im April hat US-Präsident Bill Clinton sogar einen freiwilligen Kodex für die gesamte Bekleidungsbranche der USA gebilligt.

Vergangenes Jahr verabschiedete auch der Internationale Rat der Spielzeugindustrie einen Verhaltenskodex. Doch der ist wesentlich laxer als die von den Weltläden geforderte Charta. Er beschränkte sich weitgehend auf den Verzicht auf Kinder- und Zwangsarbeit – doch beides ist ohnehin selten in der Spielebranche. Gewerkschaftsrechte hingegen werden darin ignoriert, und eine unabhängige Überwachung ist auch nicht vorgesehen.

Die beiden Firmen, die die Weltläden ins Zentrum ihrer Kampagne rücken, weigern sich jedenfalls, die Charta zu unterschreiben. Ein Vedes-Sprecher lehnte die Kampagagne der Weltläden ab und verweigerte sogar jede Diskussion darüber. Vedes, die größte europäische Einkaufsgemeinschaft der Spielwarenbranche, ist eine Art Dachfirma einzelner Läden und beherrscht fast ein Drittel des deutschen Markts.

Klaus Krischke von Toys'R'Us Deutschland dagegen begrüßte die Kampagne, denn diese „zeigt, daß Toys'R'Us bereits den anderen voraus ist“. Das US-Unternehmen mit 59 Spiele-Kaufhäusern in Deutschland und nach eigenen Angaben einem Marktanteil von elf Prozent habe sich bereits einen Verhaltenskodex gegeben. Dieser gelte auch für die Zulieferer.

Unabhängige Kontrollen gibt es keine. Das sei auch nicht nötig, sagt Krischke, denn man organisiere selbst die regelmäßige Überprüfung der Lieferanten durch das eigene Hongkonger Büro. „Es ist doch in unserem Interesse, gute Arbeitsbedingungen zu bieten, denn unser Ruf ist ein wichtiger Posten.“ Frieauff hält dem Eigenlob entgegen: „In jedem Fall, wo ein Verhaltenskodex eingeführt wurde, war die unabhängige Überwachung der kritische Punkt. Ohne diese wissen wir nie, ob Firmen ihre Versprechen einhalten.“

Als Alternative zu Spielen aus asiatischen Ausbeuterbetrieben bieten die Weltläden fair gehandeltes Spielzeug an. Sie verkaufen Waren von kleinen Unternehmen in Asien und Lateinamerika. Der Dritte-Welt-Laden in Köln-Niehl, ein gutbesuchter kleiner Laden in einer Kirche, verkauft zum Beispiel Handpuppen aus Bangladesh, Hampelmännchen aus Sri Lanka oder Holztiere aus Indien.