Verredete Vergehen

■ „Junge Hunde“: Sebastian Groblers „Licht“-Inszenierung auf Kampnagel

Man tritt ein und macht es sich bequem. Es gibt Wein, griffbereit auf Beistelltischen. Ein kleines elektronisches Glockenspiel verströmt die Begleitmusik, sehr schön passend zum neonfarbenen Dekor. Rauchen ist erlaubt. Abseits jeder Theaterarbeit darf sich der Zuschauer hier vor allem als Partygast verstehen.

Nachvollziehbar an jeder Geste der Aufführung, bietet die Inszenierung Licht von Sebastian Grobler (nach der gleichnamigen Erzählung von Christoph Meckel) an Stelle einer klassischen Guckkastenbühne mit Zuschauerkonfrontation eine intime Raumsituation.

Entsprechend hat man im Augenblick, da Gil (Paul Wolff-Plottegg) eilig und gehetzt durch die Mitte hereinstürzt, das sichere Gefühl, in einer fremden Wohnung auf den Gastgeber gewartet zu haben. Weshalb dann auch ohne Übergang und ohne jede Distanz dieses hemmungslos süchtige Sprechen über eine verlorengegangene Liebe, die mehrstimmige Rekonstruktion ihrer Geschichte stattfinden kann.

Gil - ein reichlich viriler Mann in hellblauem Anzug - redet und redet. Er spricht malzu sich selbst, mal an die abwesende Geliebte Dole gerichtet, jederzeit aber auch an die Gäste gewandt. Immer wieder beschört er dabei - gefangen in seiner Bühnenwohnung und zwischen Requisiten eines gepflegten Snobismus - seine Beziehung zu Dole. Durch den zufälligen Fund eines Briefes im verwehten Herbstlaub auf einer Terrasse hat er von ihrer Untreue erfahren. Gil spricht über seine Liebe zu Dole und erzählt dabei doch vor allem von durchweg chicen Situationen: Paris bei Nacht, durchwanderte Alleen, London im Regen. Wenn Dole sich zurückzog, so Gil, hörte sie immer Chansons. Er habe sie dann stets allein gelassen.

Das ist ziemlich undramatisch. Denn dieser Mann, der so zappelig wie rührselig seine Geliebte herbeischmachtet, provoziert keinen Konflikt mit der schwierigen Geschichte ihrer Liebe. Statt dessen das gefällige Licht klischeehafter Bilder. In all den unterschiedlichen Beleuchtungen des Textes, selbst in den eingespielten Stimmen aus dem Off, verflacht jede theatrale Spannung, bevor sie sich zwischen rötlicher Sitzgarnitur rechts, Kühlschrank vorne und Schreibtisch links auf der Bühne überhaupt eingestellt hat.

Die ganze Zeit fragt man sich, womit dieser Text die aufmerksame Behandlung der Inszenierung, seine Stilisierung zu einem vielstimmigen Monolog wohl verdient haben mag. Alles soll magisch und unbedingt lyrisch sein. Doch wenn auf der Bühne das Telefon klingelt, dann ist das immer ein bißchen wie Boulevard.

Elisabeth Wagner

heute und morgen, 20 Uhr, Kampnagel