Vorbeugung gegen Aids war der richtige Weg

■ Die Zahl der HIV-Neuinfektionen bleibt konstant. Aufklärung hat was gebracht. Zehn Jahre Aidsbekämpfung – Bundesgesundheitsminister Seehofer zieht Bilanz

Berlin (taz) – Kinospots mit Kondomwerbung, Safer Sex in bunten Broschüren und auf großen Plakatwänden, Selbsthilfegruppen und Öffentlichkeitsarbeit – Aidsaufklärung in Deutschland. Fast vergessen ist die Diskussion um Zwangstests, namentliche Meldepflicht und Seuchen-Isolation HIV-Infizierter. Nach zehn Jahren offizieller Aidsbekämpfung kann Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) positive Bilanz ziehen. „Mit Prävention wurde der richtige Weg eingeschlagen“, so Seehofer gestern in Berlin.

Mit etwa 2000 Neu-Infektionen pro Jahr steht Deutschland im internationalen Vergleich nicht schlecht da. Seit dem bisherigen Verlauf der Epidemie sind in der Bundesrepublik knapp 200 Aids- Fälle pro einer Million Einwohner aufgetreten, in Spanien sind es mehr als 1.000, in der Schweiz fast 800 und in Italien rund 650. Seit Ende der 80er Jahre bleibt die Zahl der Neu-Infektionen pro Jahr in Deutschland in etwa konstant.

Aufklärung, Information und Stärkung der Eigenverantwortung müßten auch zukünftig eine wichtige Rolle spielen, erklärte der Bundesgesundheitsminister. In diesem Jahr sind dafür jedoch rund vier Millionen Mark weniger da: Die Aids-Selbsthilfegruppen müssen bei der Medienarbeit, bei Seminaren und der Betreuung kürzen. Seehofer dazu: „Mittlerweile ist in der Bevölkerung ein gewisser Informationsstand vorhanden, außerdem kann auf erarbeitetes Know-how bei der Informationsvermittlung und Öffentlichkeitsarbeit zurückgegriffen werden.“

In der Praxis können erarbeitete Strukturen jedoch auch ganz wegbrechen. So geschehen bei der publizistischen Stimme der Deutschen Aids-Hilfe, der Zeitschrift Aktuell. Nach den Etatkürzungen fehlen 200.000 Mark für die vier Ausgaben im Jahr, bald erscheint die letzte Ausgabe. Aufklärung muß auch in anderen Bereichen verknappt werden, die Deutsche Aids-Hilfe warnte vor massiven Einschnitten. Künftig werden die Aids-Gruppen und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung jährlich nur noch 14,5 Millionen Mark zur Verfügung haben, bisher waren es 18 Millionen.

Zuversichtlich zeigte sich Seehofer bei der gesicherten Finanzierung von Therapiekosten. Er sieht keine Gefahr, daß die Krankenkassen irgendwann Therapien verweigern könnten, obwohl für HIV- Medikamente jährlich pro Kranken rund 20.000 Mark ausgegeben werden. Chronisch Kranke, die schon länger in Behandlung sind, müßten für die Zuzahlung bei teuren Medikamenten nicht mehr aufwenden als ein Prozent ihres Bruttoeinkommens. Bisher lag die Obergrenze bei zwei Prozent des Einkommens. Annette Kanis