Finito für Finis Empfang in Berlin

■ CDU-Politiker krebsen zurück: Italienischer Postfaschist wieder azusgealden

Berlin (taz) – Der rote Teppich lag schon bereit. Am 14. Mai wollten der Berliner Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) und Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) den Chef der italienischen Postfaschisten (Alleanza Nationale), Gianfranco Fini, zum Meinungsaustausch empfangen. Schönbohm, der gerade mit brachialer Effizienz den Berliner 1.Mai und die Bürgerrechte niedergehalten hat, hatte vor, mit dem selbsterklärten Postfaschisten sinnigerweise über die „Effizienz von Verwaltung in Großstädten“ reden.

Doch Haase und Schönbohm haben gestern plötzlich kalte Füße bekommen und den Besucher wieder ausgeladen. Haases Begründung: Das Gespräch habe nach Protesten von PDS, Grünen und SPD eine politische Bedeutung erhalten, die dem Termin nicht zukomme.

Finis Visite hat in der Hauptstadt Empörung und Ablehnung ausgelöst. Die Europaabgeordnete Dagmar Roth- Behrend (SPD) findet „es unglaublich“, daß Innensenator Schönbohm einen Neofaschisten empfängt. Auch Wolfgang Thierse, SPD-Parteivorstand und Berliner Bundestagsabgeordneter, zeigt sich befremdet. Der Innensenator müsse den Chef „der Nachfolgeorganisation der italienischen Faschisten nicht durch ein Gespräch über Verwaltungsprobleme aufwerten“, zumal Fini keinerlei Kompetenz dafür habe. Die Verwaltungserfahrung des Alleanza-Vorsitzenden besteht darin, daß er sich vor vier Jahren für das Amt des Bürgermeisters von Rom bewarb.

Die Berliner Bündnisgrünen halten es „für eine schweren politischen Fehler“, dem „Antidemokraten und Europafeind Fini“ ein Forum zu geben. Auch PDS- und SPD-Fraktion raten dringend ab, „Herrn Fini die protokollarische Ehre eines Gesprächs mit dem Berliner Parlamentspräsidenten zu erweisen“.

Auf den Parlamentspräsidenten Haase sind SPD und PDS schlecht zu sprechen. Herwig Haase hatte den Empfang für den Neofaschisten in Nadelstreifen höchst eigenmächtig eingefädelt. Er hätte die Zustimmung seiner Vizepräsidentinnen eingeholt, rechtfertigte sich der Parlamentspräsident. Marianne Brinckmeier (SPD) und Marina Michels (PDS) aber gingen gestern empört an die Öffentlichkeit, sie seien „entgegen dem öffentlichen Eindruck über den Besuch von Herrn Fini nicht informiert gewesen“.

Zu Mussolini hat Gianfranco Fini, der 43jährige smarte Postfaschist, ein besonderes Verhältnis: Mussolini, sagt Fini, sei einer der größten Führer Italiens gewesen. Vor allem die Zeit vor 1938 hat es Fini angetan – da gab es noch keine Rassengesetze, da gab es noch gute Faschisten.

Offiziell reist der Alleanza-Vorsitzende – wie so oft – als Privatmann. Seine offiziellen Termine in Berlin besorgte ihm diesmal Paolo Faiola. Der italienische Generalkonsul, der Fini wie Sauerbier in Berlin feilbot, sieht die Alleanza Nazionale „als ganz normale Partei“. Faiola erklärte der taz, Fini komme rein privat. Weil er aber politisch denke, mache er auch Besuche: Sogar beim Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) klopfte Faiola an. Dort allerdings vergeblich. Diepgen hatte am 14. Mai leider keinen Termin mehr frei. Die italienische Botschaft erklärte hingegen, es sei nicht Aufgabe des Generalkonsuls, das Reiseprogramm von Privatleuten zu organisieren. Christian Füller

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