: Wege aus dem Labyrinth
■ Hamburg will besseres Gesetz gegen Scientology und gewerblichen Psychomarkt
Eine „Lex Scientology“sei das „nicht ausschließlich“. Doch die Bundesratsinitiative, die der Hamburger Senat gestern beschloß, will Opfer von Psychokursen der umstrittenen Scientology-Organisation künftig gesetzlich stärker schützen. Innensenator Hartmut Wrocklage (SPD) hält den Entwurf für „einen wichtigen Bestandteil im Kampf Hamburgs gegen Scientology“. Damit werde „Waffengleichheit zwischen Anbietern und Betroffenen“hergestellt, zudem könnten Hilfesuchende den Auswüchsen des gewerblichen Psychomarktes besser begegnen.
Die Gesetzesinitiative „zur Regelung des gewerblichen Lebensbewältigungshilfemarktes“sieht unter anderem einen Schutz vor übereilten Entschlüssen vor. Verträge zwischen Anbietern und Hilfesuchenden müssen demnach schriftlich geschlossen werden. Ein anderer zentraler Baustein im Schutzgefüge besteht im Widerrufsrecht: Bis zu vier Wochen nach Abschluß soll der Vertrag einseitig gelöst werden können. Eine Warnfunktion verspricht sich Wrocklage durch eine vom Gesetz vorgeschriebene Transparenz: Der Vertrag muß Detailangaben zur Qualifikation der Helfer, der Art der Veranstaltung und die einzelnen Kostenpunkte enthalten. Außerdem sollen die Verträge mit einer vierwöchigen Kündigungsfrist versehen werden, „um aus einem Labyrinth herauszukommen, in das sich der einzelne möglicherweise verirrt hat“, so der Innensenator. Im Streitfall soll der Gerichtsstand auf jeden Fall der Wohnort des Kursteilnehmers sein.
Hamburg will sich im Bundesrat auch für eine Umkehrung der Beweislast einsetzen. Anbieter von Lebenshilfekursen müßten dann nachweisen, daß gesundheitliche Schäden bei den Teilnehmern nicht auf die Kurse zurückzuführen sind. Insgesamt setzt Wrocklage auf die „inneren Abwehrkräfte der Gesellschaft, die den einzelnen dazu befähigen, sich – auf juristischem Wege – zu wehren“. Erkenntnisse über die teilweise gefährlichen Geschäftspraktiken von Scientology hätten gesetzliche Defizite auf dem wachsenden Psychomarkt offengelegt. Eine Lücke, die demnächst mit Rückenwind aus anderen Bundesländern geschlossen werden soll. Paula Roosen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen