Die Dokumente sprechen für sich

■ Der Asta der TU stellte gestern die umstrittene Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht in Jugoslawien" vor. Universitätsleitung entscheidet heute über Verbot

Trotz Verbot durch den TU- Präsidenten Hans-Jürgen Ewers wurde gestern die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht in Jugoslawien 1941–1944“ im Lichthof der Universität der Presse vorgestellt. Die von der Redaktion des Jugoslawien-Bulletins und der Bunten Hilfe Heidelberg erstellte Ausstellung, die heute abend offiziell eröffnet werden soll, hatte bereits im Vorfeld zu Konflikten zwischen dem AStA und dem TU- Präsidenten geführt. Während sich die Studenten durch die Ausstellung eine öffentliche Diskussion um das Thema erhoffen, sieht die Universitätsleitung das Ansehen der TU gefährdet und hatte gefordert, die Ausstellung vorher sehen zu können.

Die AStA-Vertreter Antje Ziebell und Claus Colloseus warfen Ewers vor, die Ausstellung aus politischen Gründen verhindern zu wollen und sprachen ihm das Recht ab, eine inhaltliche Vorbeurteilung der Ausstellung vorzunehmen, die ihrer Ansicht nach „in den Bildungsauftrag des AStA fällt“. Sie ließen Ewers dennoch Material über die Ausstellung und eine Beurteilung zukommen, was diesen aber nicht davon abhielt, Pressekonferenz und Ausstellung zu untersagen. Die Unileitung konnte sich gestern noch nicht entscheiden, wie sie nun nach der Mißachtung des Verbots vorgehen wird und will die heute stattfindende Sitzung des Akademischen Senats abwarten.

Die aus 19 Tafeln bestehende Ausstellung beinhaltet neben Ausschnitten aus dem Völkischen Beobachter und Fotos, die zum Großteil von deutschen Soldaten selbst gemacht wurden, auch Dokumente, wie zum Beispiel Einsatzbefehle, die Vorgehen und Verbrechen der Wehrmacht in dem Balkanland dokumentieren. Das Material stammt sowohl aus jugoslawischen als auch aus deutschen Archiven und belegt nach den Worten von Rüdiger Göbel, Politologe und Vertreter des Jugoslawien- Bulletins, daß es sich bei den Verbrechen der Wehrmacht „nicht um Einzelfälle handelt, sondern um gezielte Strategie“. Vier Tafeln der Ausstellung beschäftigen sich außerdem mit Auslandseinsätzen der Bundeswehr und betrachten kritisch die Neuorientierung der deutschen Außenpolitik.

Die Ausstellung über die Wehrmachtsverbrechen wurde bisher in Heidelberg, Braunschweig, Göttingen und Kassel gezeigt und hatte auch dort zu „interessierten Nachfragen und kontroversen Diskussionen“ geführt, wie Rüdiger Göbel erklärte. Neben der TU sind als Ausstellungsorte in Berlin das Thommy Weissbecker Haus, die Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär, das Theater Karlshorst und die Freie Universität vorgesehen. Außerdem sind zahlreiche Begleitveranstaltungen geplant.

Erste Besucher kommentierten die Schau gestern so: „Die Dokumente sind eindeutig, man kann über die Berechtigung der Ausstellung eigentlich nicht streiten.“ Tobias Singelnstein