Die Vorschau: Polka jetzt digital
■ Mit Hardware aufgerüstet: M. Walking
Der Computer ist auf dem Vormarsch: Nicht nur in Bibliotheken und Staubsaugern brüten Mikroprozessoren. Auch bei einer Kapelle, die bislang eher für das Bodenständige – für akustische Instrumentierung und leise Polkatöne – bekannt war, regiert nun König Festplatte: M. Walking on the Water.
Dabei muß man dem Krefelder Quintett zu Gute halten, daß der klangtechnische Umbau mit einer bemerkenswerten Sensibilität vonstatten ging. Die Stärke dieser Band bestand immer darin, charmante Stücke zu schreiben. Die kompositorische Raffinesse von Bandchef Marcus Maria Jansen ergab zusammen mit der eigenwilligen Instrumentierung der Begleitmusiker einen ungewöhnlichen Soundmix. M. Walking on the Water droschen sechs Platten lang mit Punkgewalt in die Saiten, klauten vom Pop die süßen Harmonien, variierten die Klangfarben wie die Pogues und sorgten mit folkig-fröhlichem Stimmungsbeat für Sonnenschein im Konzertsaal. Besonders der permanente, aber stimmige Einsatz des Akkordeons prägte den Sound.
Zum quetschkommoden-lastigen Songwriter-Dasein hat sich nun auch die Elektronik gesellt: Entspannt rotierende Loops bereiten den Grund für das neue Songmaterial. Samples setzen Akzente, Keyboards sorgen für einen atmosphärischen Klangteppich. Dahinter sind die Polka-wütigen Folk-Rocker aber noch immer zu erkennen. Das neue Album „File“ist voll von kompositorischen Nettigkeiten und sensiblen Momenten, die belegen, daß nur die Hardware aufgerüstet wurde. Daß eine Gruppe nach neuen Ausdrucksformen, nicht aber nach einer neuen Identität sucht, ist hörbar. Deshalb ist dieser Sprung in die 90er gelungen. L.R.
M. Walking on the Water, heute, 20.30 Uhr, Schlachthof
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