Gleichmut im Ernstfall

■ In "Metro" ist Eddie Murphy der Bulle, der Gangster per Mundwerk überwältigt - und überhaupt viel lieber als Verhaften Nackturlaub auf Haiti machen würde

Er ist schwarz, männlich, ledig und bewaffnet. Mit dieser kurzen Einführung machte sich Eddie Murphy in „48 Stunden“ zum Alptraum weißer Kneipengänger und begründete flugs ein Genre-Crossover aus Comedy und Actionthriller. Das war vor fünfzehn Jahren – und funktioniert in „Metro“ noch immer: Stets albert Murphy als Scott Roper vom San Francisco Police Department erst ein bißchen herum, bevor er schießt.

Schon im Vorspann verwischen dabei die Grenzen zwischen dem Bürger in Uniform und seinem afroamerikanischen Naturell, das mehr zu HipHop und Streetsoul neigt. Während ein Scharfschützenteam auf den Dächern rund um eine Bank postiert wird, rauscht Roper in einem offenen Cabriolet herbei und schimpft auf sein Autoradio ein, weil ihm gerade eine Pferdewette durch die Lappen geht. Wenige Minuten danach überwältigt er den durchgedrehten Geiselgangster trotzdem mit ruhiger Besonnenheit und freundlichem Geplauder. „Warum macht jemand so etwas?“ fragt einer der schwerbewaffneten Polizisten vor der Tür ungläubig. Von dieser Art Gleichmut im Ernstfall handelt „Metro“: Später wird sich Kevin McCall (Michael Rapaport) selbst von Roper zum Vermittler schulen lassen.

Daß Einfühlung und Kommunikation zu den wichtigsten Waffen eines Cops gehören, ist im US- Kino eher selten. Im Gegensatz zu Eastwood, Nolte, Schwarzenegger und Co. verkörpert der Verhandlungsspezialist Murphy einen neuen Typ von Bullen, der doch erheblich menschlichere Züge unter dem Panzer der Ordnungskraft trägt als seine kantig geschnitzten Kollegen aus anderen Filmen. Roper ist ständig pleite, sein Sportwagen wird ihm von der Bank weggepfändet, und die große Liebe Ronnie (Carmen Ejogo) hat sich mit einem Baseballspieler eingelassen, weil ihr Ex sie nicht an den Sorgen teilhaben ließ, die ihm der Job bereitet.

Solchermaßen mischt sich in „Metro“ – ähnlich wie bei „Donnie Brasco“ – ein wenig Realitätssinn unter die sonst sehr rasant fortschreitende Actionhandlung. Der erste Geiselgangster war bloß ein hilflos auf Turkey fiebernder Junkie, der zweite ist ein zäher Mafiapsychopath namens Korda (Michael Wincott). Der Alltag des Kriminologen spitzt zu: Es geht um Schmuck im Wert von zehn Millionen Dollar, Ohren werden abgeschnitten, Leichen bleiben am Wegesrand liegen, und bei einer Verfolgungsjagd quer durch die Straßen von San Francisco gehen diverse Autos und eine Trambahn zu Bruch.

Man merkt, welch tiefe Furchen Filme wie „Bullitt“ im Genre hinterlassen haben, und man staunt über die pyrotechnischen Effekte. Daß „Metro“ dieses Tempo allerdings nur bis zur Mitte des Films halten kann, mag an der Biographie des Regisseurs liegen, der früher Serien wie „Equal Justice“ fürs Fernsehen gedreht hat.

Murphy jedenfalls hat selbst nach dem explosiven Showdown im Stahlwerk nur das eine im Sinn: Nackturlaub auf Haiti – aber nicht am Strand, sondern mit Ronnie im Hotelzimmer. Harald Fricke

„Metro“. Regie: Thomas Carter. Mit Eddie Murphy, Michael Rapaport, Michael Wincott, Carmen Ejogo u.a. USA 1997, 126 Min.