Kriegsverbrecher schuldig gesprochen

■ UN-Tribunal verurteilt bosnischen Serben Tadić wegen Verfolgung von Muslimen. Strafmaß noch nicht festgelegt

Den Haag (rtr/dpa) – Das UN- Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hat am Mittwoch den bosnischen Serben Dušan Tadić wegen Verbrechen im bosnischen Bürgerkrieg schuldig gesprochen. Der 41jährige Tadić wurde in elf Fällen wegen Folter und Mißhandlung sowie wegen Beihilfe zum Mord in zwei Fällen für schuldig befunden. Vom Vorwurf des 13fachen Mordes wurde er freigesprochen. Das Tribunal kündigte das Urteil für den 1. Juli an. Dies kann sich aber verzögern, da Tadićs Anwälte Berufung ankündigten. Die Höchststrafe ist lebenslange Haft.

Nach dem Spruch der drei Richter in Den Haag hat Tadić 1992 an serbischen Angriffen auf seine Heimatstadt Kozarac und andere Orte teilgenommen, deren muslimische Einwohner zusammengetrieben und in Lager gebracht wurden. Dort wurden sie gefoltert. Tadić war dem Urteil zufolge weiter an der Ermordung von zwei Polizisten beteiligt, die von serbischen Nationalisten gefangengenommen worden waren. Die Ermordung von 13 weiteren Menschen konnte ihm jedoch nicht bewiesen werden.

Tadić war 1994 in München verhaftet und im darauffolgenden Jahr nach Den Haag ausgeliefert worden. Der Prozeß hatte vor genau einem Jahr begonnen. Im Laufe des Verfahrens wurden rund 120 Zeugen vernommen. Die meisten hatten Tadić in den Lagern gesehen, konnten ihn aber nicht direkt belasten. Die Anklage mußte unter anderem den Vorwurf der Vergewaltigung fallenlassen.

Im Oktober konnte die Verteidigung den wichtigsten Belastungszeugen als Lügner enttarnen. Der Serbe rechtfertigte sich damit, daß er von den bosnischen Behörden zu seiner Falschaussage gezwungen worden sei. Die Polizei in Sarajevo habe ihn ausgebildet und nach Den Haag geschickt, um eine Verurteilung von Tadić zu erreichen. Die Verteidigung warf der Anklage daraufhin vor, sie werde von den bosnischen Muslimen manipuliert und lasse sich vom „Klischee des blutdürstigen Serben“ leiten.

Chefanklägerin Louise Arbour sagte, die Entscheidung des Tribunals entspreche sowohl der rechtlichen als auch der moralischen Schuld Tadić'. Der Spruch sei gerecht. Zugleich äußerte sie die Hoffnung, daß sich die internationale Unterstützung für das Tribunals jetzt verbessern werde.

Bundesaußenminister Klaus Kinkel begrüßte das Urteil. Mit dem Schuldspruch habe das Gericht einen wichtigen Schritt zu Frieden und Aussöhnung im ehemaligen Jugoslawien getan, erklärte Kinkel gestern. Das Tribunal habe deutlich gemacht, daß Kriegsverbrecher nicht darauf vertrauen könnten, ihrer gerechten Strafe zu entgehen. Kommentar Seite 9