Erst Hurraschreie, dann Proteststürme

■ Unternehmensberater, die ab heute Bremer Schulen durchleuchten, waren schon in NRW

Erst folgten Hurraschreie, dann ein Sturm der Entrüstung: Reaktionen von Schüler- und Lehrerverbänden aus Nordrhein-Westfalen, die auch Bremen ins Haus stehen könnten. In der Hansestadt geht jetzt über die Bühne, was in Nordrhein-Westfalen bereits vor sieben Jahren für Wirbel sorgte: Unternehmensberater der Firma Kienbaum durchleuchten seit heute Bremer Schulen – so wurde es auf Drängen der CDU im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Die Effizienzstudie zur „Optimierung des Lehrereinsatzes“soll nur „neue Sparlücken aufdecken“, schlägt schon jetzt Heiko Gosch, Landesvorstandssprecher der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), Alarm. Damit könnte er nicht ganz unrecht haben.

Zwar kam das Gutachten in NRW damals zu dem Schluß, daß das dortige Schulsystem dringend einer „Grundsanierung“bedarf. Allein 25.000 LehrerInnen würden in den Schulen fehlen. Zusätzliche Kosten pro Jahr: 2,25 Milliarden Mark. Aber LehrerInnen und SchülerInnen hatten sich über dieses Ergebnis zu früh gefreut: Nur mit „erheblichen Einschnitten“sei die Schulsanierung zu machen, hieß es weiter im Gutachten – und das Kultusministerium zog Konsequenzen: Klassen und Kurse wurden deutlich vergrößert, LehrerInnen zwischen 50 und 56 Jahren sollten auf die bisher großzügigen Altersermäßigungsstunden verzichten. Das in Haupt-, Real- sowie Gesamtschulen und Gymnasien gegliederte Schulsystem solle vorerst bleiben.

Genau 14.600 neue LehrerInnenstellen wollte die Düsseldorfer Landesregierung damit rein rechnerisch schaffen: Deshalb sollten zunächst nur 5.300 neue LehrerInnen eingestellt werden – nach Abzug der Pensionäre (2.900) blieben nur 2.400 neue LehrerInnen übrig. Für mehr Lehrerstellen sei letztlich kein Geld da, hieß es 1992 – ein Jahr nach der Veröffentlichung des Kienbaum-Gutachtens.

„Das Lehrerloch ist immer noch da“, ärgert sich Jürgen Schmitter heute, GEW Landesvorstandssprecher in Nordrhein-Westfalen. Die Regierung hätte außerdem vor einem Jahr folgendes durchgesetzt: Je nach Unterrichtsbedarf würden LehrerInnen jetzt differenziert nach Schulformen eine Stunde mehr unterrichten müssen. „Das Gutachten hat nicht viel gebracht“, zieht er Bilanz. Denn vor der Kienbaum-Studie hätte laut GEW erst eine Belastungsstudie in Auftrag gegeben werden müssen. „Kienbaum guckt nur nach den Pflichtstunden der LehrerInnen und ob sie das Unterrichtssoll erfüllt haben“, kritisiert Schmitter – ohne daß überhaupt empirische Daten über Aufgaben und Belastungen der LehrerInnen vorliegen würden.

Erst in diesem Monat werden in Nordrhein-Westfalen LehrerInnenbelastungen ermittelt. Auch in Bremen will die Bildungsbehörde im kommenden Schuljahr ein solches Gutachten starten. Es soll über „Faktoren, die die Arbeitsfähigkeit von Lehrern einschränken, objektivierbare Erkenntnisse liefern“, kündigte Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) in der letzten Woche an. Dadurch könnten endlich „Vorurteile gegen unsere Lehrkräfte ausgeräumt werden“.

Ein Ansinnen, das man in NRW nur lapidar „ehrenwert“finden kann. Denn der dortige GEW-Vorstandssprecher Jürgen Schmitter will beim besten Willen nicht verstehen, „warum die Behörde den Bremer LehrerInnen jetzt zwei Stunden mehr aufdrückt, obwohl die Ergebnisse noch gar nicht da sind.“ kat