Platz mit vielen Gesichtern

■ Seit seinem Wiederaufbau in den siebziger Jahren spielt der Mehringplatz die Rolle eines Wohnhofs mit öffentlichem Fußweg

Der heutige Mehringplatz am südlichen Ende der Friedrichstraße wechselte in seiner Geschichte schon mehrmals das Gesicht. Das einstige Rondell, das später zum Belle-Alliance-Platz umgetauft wurde, entstand 1732 im Zuge der barocken Stadterweiterung. Den Rundplatz am Halleschen Tor, der von Philipp Gerlach gestaltet worden war, kreisten damals kleine Bürgerhäuser ein. Vom Platz führten sternförmig Straßen nach Norden, östlich der Achse Friedrichstraße die Lindenstraße und westlich die heutige Stresemannstraße.

Die erste große Umgestaltung des staubigen Platzes nahm Preußens Obergärtner Peter Joseph Lenné 1842 in Angriff, der das Rondell zum Kunstort verwandelte. Hinzu kam die heute noch erhaltene Friedenssäule, auf der die Victoria mit Friedenskranz (von Christian Daniel Rauch, 1843) in Erinnerung an die Freiheitskriege balanciert. Später (ab 1878) wurde ein größeres allegorisches Skulpturenprogramm miteinbezogen. Davon hocken bis dato noch der „Friede“ und „Klio, die Geschichte der Freiheitskriege schreibend“ links und rechts des U-Bahnhof-Eingangs.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Rondell im Bombenhagel fast vollständig zerstört, lag lange als Ruine brach und wurde erst 1968 bis 1975 nach dem städtebaulichen Entwurf von Hans Scharoun und Werner Düttmann als isolierte Fußgängerzone mit ringförmiger Wohnbebauung und einem Hochhausensemble dahinter wiederaufgebaut.

Die Friedrichstraße ist seither Sackgasse. Die Linden- und Stresemannstraße sind abgehängt. Der Mehringplatz spielt seither die Rolle eines Wohnhofs mit öffentlichem Fußweg.

Den Wohnort nahmen die Städteplaner und Verkehrsexperten schon öfter ins Visier, um städtisches Leben in die Bude zu bringen. Torbauten sollten den Platzeingang zieren, die Brückenbauten am Halleschen Ufer abgerissen werden. Ex-Baudirektor Hans Stimmann hatte es Anfang der 90er Jahre auf die Sackgasse abgesehen und den Durchbruch der Friedrichstraße zum Landwehrkanal gefordert. Der Masterplan nimmt diese Überlegung wieder auf: Die Fußgängerzone soll wieder Straße, der Brückenbau abgerissen werden. Am Halleschen Ufer sind Neubauten geplant, um den reinen Wohnort mit anderen Nutzungen anzureichern. rola