Schäfers neue Fußball-Weiten

Nach dem 1:1 gegen Dortmund plant KSC-Trainer Winfried Schäfer lieber die Zukunft, als die unschöne Gegenwart zu betrachten  ■ Aus Karlsruhe Frank Ketterer

Die Pressekonferenz war gerade so richtig im Gange, da sagte Winfried Schäfer einen jener Sätze, die er so gerne sagt und die ob ihrer Bedeutungsschwere durchaus tauglich wären, in Stein gemeißelt zu werden. „Die Vergangenheit ist abgehakt“, ließ der Übungsleiter des Karlsruher SC am Samstag kurz vor „ran“-Zeit wissen. „Jetzt beginnt die Zukunft.“

Das ist sicher schön für die Badener, schöner jedenfalls als das 1:1, das sie kurz zuvor gegen die Borussia aus Dortmund zustande gebracht hatten, läßt aber doch die Frage offen, warum Schäfer ausgerechnet nach diesem viertletzten Bundesligaspieltag der tristen Gegenwart entfleuchte und statt dessen den Weg in neue unendliche Fußball-Weiten wies. Die Antwort darauf wußte Gäste-Coach Ottmar Hitzfeld, der, freilich für die eigene Achtzehn, die Feststellung traf, „daß wir theoretisch immer noch Chancen haben“. Womit zweifelsohne das Wirken in der Bundesliga gemeint war, in der die Borussen nach wie vor auf Platz zwei schielen, der neuerliche Champions- League-Millionen sichern würde, sollte das Finale gegen Juventus Turin in die Hose gehen. Ansonsten müßten die Dortmunder im um einiges weniger gewinnträchtigen Uefa-Cup ihr internationales Dasein fristen, jenem Wettbewerb, dem die Karlsruher so gerne beiwohnen würden.

Dafür (und damit sei oben offengebliebene Frage endlich geschlossen) sind die Chancen ebenfalls nur noch theoretischer Natur, weil den KSC schon vier Zähler von Platz sechs trennen, der, sollte der VfB Stuttgart das DFB-Pokal- Finale gegen die Energiegeladenen aus Cottbus gewinnen, ausreichend wäre für eine Uefa-Cup- Teilnahme. Daß nämlich auch ein siebter Bundesligist (jetzt wird's kompliziert) mitkicken darf auf internationaler Bühne, daran wollen sie in Karlsruhe nicht so recht glauben, weil es in der Tat eines kleinen Wunders bedürfte.

Zum Beispiel jenes, daß die Borussia im Finale doch Turin schlägt (und in der Bundesliga nicht Zweiter wird), worauf am Samstag in Karlsruhe reichlich wenig hinwies. Dafür war das Spiel der Dortmunder doch zu statisch, auch deshalb, weil der von seinem Muskelfaserriß genesene Andreas Möller zu selten initiativ wurde und der Defensivverband mit Wolfgang Feiersinger im Zentrum zu oft zu große Lücken ließ. Daß die Karlsruher diese nur einmal, in Minute 41 nämlich, durch einen satten 20-m-Schuß von Christian Wück nutzen konnten, spricht für die derzeitigen Qualitäten der Badener, die diesmal wenigstens kämpften, besonders im Spiel nach vorn aber einmal mehr zu sehr auf Zufälligkeiten angewiesen waren. So verstärkte Dortmund in Durchgang zwei zusehends den Druck, und als BVB-Coach Hitzfeld auch noch Borussen-Denkmal Michael Zorc (67.) einwechselte, stand der Ausgleich so gut wie fest: Flanke Zorc, Kopfball Heinrich, 1:1 – das alles vier Minuten vor Schluß.

Schäfer kann also die Zukunft planen, was er ohne Michael Tarnat, Thorsten Fink (zu Bayern München), Dirk Schuster (1. FC Köln) und Eberhard Carl (Stuttgarter Kickers) tun muß. Während der Runde gingen schon Edgar Schmitt (Fortuna Köln) und Manfred Bender (1860 München). Das ist einmal mehr ein ziemlicher Umbruch beim KSC, der diesen mit Alex Nyarko (vom FC Basel), Radoslav Gilewicz (VfB Stuttgart) und Gunther Schepens (Standard Lüttich) bewerkstelligen möchte.

Und dann haben sie ja immer noch Sean Dundee, ihr Problemkind, das in geradezu rekordverdächtiger Zeit eine Metamorphose vom Sonnyboy zum Schuft vollzogen hat, ferngelenkt von seinen Beratern, die in ganz Baden längst als Oberschufte bekannt sind. Jüngste Dundee-Episode: Ein als offener Brief getarnter Herz- Schmerz-Bericht von Exfreundin Heidi („Guck mal, Sean, das ist unser Baby!“) in der Schmuddelpostille Neue Revue. Fortsetzung („Fotoalbum einer zerbrochenen Liebe“) folgt. Nächste Woche. In nächster Zukunft also.

Borussia Dortmund: Klos – Feiersinger – Kohler, Heinrich – Reuter, Ricken (67. Zorc), Möller, Lambert, Reinhardt (67. Timm) – Riedle (30. Tanko), Chapuisat

Zuschauer: 33.000; Tore: 1:0 Wück (41.), 1:1 Heinrich (86.)

Karlsruher SC: Reitmaier – Hengen – Krauß, Metz – Keller (90. Tare), Carl, Fink, Tarnat, Wück – Dundee (83. Bähr), Schroth