Multikulti-Presse
: Freie Stimme

■ Serie über Immigrantenmedien: „Uyun“ – eine arabische Literaturzeitschrift aus Köln

„An erster Stelle steht das literarische Niveau. Die Texte sollen durch ihre Qualität bestechen, dann spielt es keine Rolle, aus welcher Zeit oder welchem Kulturkreis sie stammen. Sie wirken immer zeitgenössisch“, definiert Khalid al-Maaly, der Herausgeber von Uyun, zu deutsch „Augen“, eine der Leitlinien dieser arabischsprachigen Literaturzeitschrift. Diesem Prinzip gemäß findet sich in der aktuellen Nummer von Uyun eine eigentümliche Mischung von Autoren: Ein unbekannter sumerischer Dichter aus dem Jahr 1700 v. Chr., Georges Henein, der 1973 verstorbene ägyptische surrealistische Dichter französischer Zunge, und die beiden zeitgenössischen arabischen Lyrikerinnen Sabah Charrat-Zwein und Dhabia Chamees, um nur einige Beispiele zu nennen.

Wissenschaftliche Aufsätze über literarische, philosophische und kulturelle Themen sind ebenfalls ein fester Bestandteil der 1996 gegründeten Uyun. So steht etwa in der jüngst erschienenen dritten Nummer ein Aufsatz der Berliner Anthropologin Sigried Hellbusch aus den fünfziger Jahren über Frauen im Südirak, die im Einvernehmen mit ihrer Umwelt ein Leben als Mann führen. Dem arabischen Leser wird sicherlich nicht der westliche Blickwinkel der Forscherin verborgen bleiben. Aber ein Credo von Uyun ist es auch, mit den Augen des anderen zu sehen.

Die Liste der Mitwirkenden bei Uyun, wenn man von internationalen Autoren absieht, liest sich wie eine aktuelle Bestandsaufnahme arabischer Intellektueller. Viele von ihnen sind im Exil und haben es nicht leicht – aus Mangel an unabhängigen, arabischen Medien –, sich Gehör zu verschaffen. Andere sind im eigenen Land mundtot gemacht worden. Beiden Gruppen bietet Uyun eine zensurfreie Publikationsmöglichkeit. Die Leser in der arabischen Welt wissen dies zu honorieren: Auf den jüngst stattfindenden Buchmessen in Oman und Abu Dhabi waren alle Ausgaben der Zeitschrift vergriffen, obwohl sie offiziell verboten war.

Die Resonanz in Deutschland ist eher verhalten, was zweifelsohne an der geringen Zahl der hier lebenden Araber liegt. Größerer Absatz ist in Frankreich und Großbritannien zu machen. Die größte Sorge des Herausgebers ist das Geld. Die Einnahmen vermögen kaum, die Unkosten zu decken. So bleibt zu hoffen, daß die arabischen „Augen“ aus Köln mehr Liebhaber finden – in aller Welt. Mona Naggar

Kontakt: „Uyun“/Khalid al-Maaly, Postfach 600501

50685 Köln, Tel.: (0221) 73 69 82; Fax: (0221) 732 67 63