Bossi ist wieder da

Unentschieden bei der zweiten Runde der Kommunalwahlen in Italien – nur Lega Nord ist obenauf  ■ Aus Rom Werner Raith

Totgesagte leben länger: trotz des Debakels, in dem die oberitalienische Separatistenbewegung Lega Nord vor vierzehn Tagen im ersten Durchgang der Kommunalwahlen untergegangen war, ist die Partei des Volkstribunen Umberto Bossi plötzlich wieder da. In den beiden Städten, in denen sich ihr Kandidat für die Stichwahl qualifiziert hatte, Pordenone und Lecco, gewann die Lega mit einem Vorsprung von jeweils sieben bzw. fünf Prozent vor dem Konkurrenten der Mitte-links-Allianz „Olivenbaum“.

In den Großstädten dagegen teilen sich nach dem abschließenden Wahlgang die Rechte und die Linke die Oberbürgermeisterposten: Turin, Triest, Novara, Ancona gehen an die Linke, Mailand, Terni, Crotone und Catanzaro an die Rechte. Schmerzlich für die Mitte-links-Allianz ist der Sieg der Rechten in Mailand. Dort hatte zwar bisher auch nicht die Linke geherrscht, sondern die Lega Nord. Doch die Eroberung der lombardischen Hauptstadt durch einen vom Medientycoon und Oppositionsführer Silvio Berlusconi ausgewählten Vertreter des Verbandes der Metallindustrie, Gabriele Albertini, gilt als bedenkliches Vorzeichen eines „langen Marsches“ der Rechten an die Regierung.

Sehr knapp zugunsten der Mitte-links-Allianz ist auch die Wahl von Turin zu Ende gegangen – gerade mal 0,4 Prozent fehlten dem Kandidaten der Rechten, dem Liberalen Raffaele Costa, zum Sieg, Nur ein in letzter Minute von der Linken verbreiteter „Entscheid“ des Fiat-Eigners Gianni Agnelli zugunsten ihres Kandidaten Valentino Castellani hat wohl den Sieg gebracht.

Für die nationale Politik hat das Resultat keine besonderen Verschiebungen zur Folge: Während die Mitte-links-Allianz sich einigermaßen gehalten hat und die moderaten Kräfte in der Regierung weitgehend auch ohne die Linksaußen der Rifondazione comunista durchgekommen sind, ist der Zuwachs der Rechten nicht so enorm, daß sich daraus zwingende Folgerungen für die Regierungspolitik ergeben würden. Eher schon rätseln die Kommentatoren, warum die Lega nun plötzlich wieder so zugelegt hat: War es die kurzfristige „Besetzung“ des Marktplatzes von Venedig und des Turmes von San Marco am Wochenende durch ein Kommando der bis dato unbekanntem „Regierung der Veneta Serenissima Repubblica“, die zahlreiche Wähler von der Lebendigkeit der Separatistenbewegung überzeugt hat – oder haben ihr viele die Stimme gegeben, weil sie, so wie Lega-Führer Bossi, die venezianische Aktion für einen diskreditierenden Akt römischer Geheimdienste halten?

Bossi jedenfalls ist wieder obenauf und hat der Regierung in Rom empfohlen, nach der Maxime zu handeln: „Wenn mir ein Feind gegenübersteht, muß ich dem Rechnung tragen, nicht ihn zu verdrängen suchen.“ Bleibt abzuwarten, ob bei den seit Monaten vor sich hin dümpelnden Beratungen der Verfassungsreformkommission nun doch etwas mehr in Sachen Föderalismus herauskommt – oder ob die großen Parteien ein weiteres Mal lediglich mit Aussitzen über die Runden zu kommen versuchen. Schließlich sind im November weitere Kommunalwahlen angesetzt, darunter auch in Rom, Neapel – und Venedig.