Schutz vor Gentech-Pflanzen unerwünscht

■ UN-Konferenz zu biologischer Sicherheit streitet über internationale Regelung

Berlin (taz) – Der grenzüberschreitende Handel mit genmanipulierten Organismen gehört derzeit zu den Wachstumsbranchen. Allein in den USA sind über 20 Gentech-Pflanzen zur Verarbeitung als Lebensmittel oder als nachwachsender Rohstoff zugelassen. Eine international verbindliche Vereinbarung, die einzelne Staaten vor den Risiken genmanipulierter Organismen schützt, ist jedoch immer noch in weiter Ferne. Auf der UN-Konferenz zur Biologischen Sicherheit, die seit gestern in Montreal tagt, steht das umstrittene Thema wieder einmal ganz oben auf der Tagesordnung.

Zwar haben sich die 152 Vertragsstaaten, die die Rio-Konvention zur biologischen Vielfalt unterzeichnet haben, seit langem auf die Verabschiedung verbindlicher Regelungen geeinigt; geschehen ist bisher wenig. „Die Europäer sind mit leeren Händen nach Montreal gefahren“, kritisiert Hiltrud Breyer, Europaabgeordnete der Grünen. Sie sieht Deutschland als „Hauptbremser“.

Als einziges Land hat Äthiopien einen Entwurf für ein Bio-Safety- Protokoll mit nach Montreal gebracht. Er wird vor allem von den Industrienationen als Provokation empfunden werden. Danach soll nicht nur für lebende Gentech-Organismen ein umfangreiches Sicherheitsprotokoll eingehalten werden, sondern auch für Produkte, die mit Hilfe der Gentechnologie hergestellt wurden, Enzyme zum Beispiel oder Wachstumshormone. Die Kontrolle soll eine bei der UN einzurichtende Behörde übernehmen. Die Einfuhr von Gentech-Produkten soll nur zulässig sein, wenn eine schriftliche Einwilligung des Empfängerlandes vorliegt. Zudem fordern die Äthiopier, daß der grenzüberschreitende Transfer von Gentech- Produkten nur den Ländern erlaubt sein dürfe, die die Vereinbarung unterschrieben haben.

Gegen ein verbindliches Protokoll sprach sich Bundesforschungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) aus. Er forderte, bei der Nutzung der Gentechnik dürften international keine weiteren Hürden aufgestellt werden. Zusätzliche Reglementierungen würden die gemeinsamen Anstrengungen in Forschung und Entwicklung behindern. „Wir brauchen kein Weltgentechnik-Gesetz und keine Weltgentechnik-Kontrollbehörde“, meinte Rüttgers.

Auch die USA wehren sich vehement gegen internationale Sicherheitsvereinbarungen. Die im Bereich der Biotechnologie führende Nation hat ihre Unterschrift unter die Rio-Konvention zur biologischen Vielfalt bisher verweigert, nutzt aber ihren Beobachterstatus, um die Ergebnisse der Verhandlungen in ihrem Sinne zu beeinflussen. Dabei wäre gerade jetzt, wo der weltweite Handel mit genmanipulierten Pflanzen am Anfang steht, eine internationale Vereinbarung dringend notwendig. Nur so könnte zumindest im Ansatz gewährleistet werden, daß nicht unerwünschte oder gar umweltgefährdende Produkte in ein Land eingeführt werden. Wolfgang Löhr